Eine Frau mit Mundschutz kontrolliert bei Audi im Werk Neckarsulm das Spaltmaß auf der Motorhaube

Audi-Produktion in Neckarsulm. (Bild: Audo)

Jetzt wird es ernst: Den Autobauern gehen Stück für Stück die wichtigen Halbleiter aus. Die Folge: Viele von ihnen müssen auf Kurzarbeit ausweichen. Ob der Mangel an den wichtigen Chips noch in diesem Jahr behoben werden kann, steht noch nicht fest.

Audi

Bei Audi müssen die Beschäftigten in den Werken in Ingolstadt und Neckarsulm ihren Sommerurlaub verlängern. Dann wird Kurzarbeit angeordnet. Nach Angaben eines Unternehmenssprechers, lägen mehrere tausend eingeplante Autos auf Halde, die wegen des Chipmangels aktuell nicht gebaut werden könnten.

Im Stammwerk Ingolstadt hat Audi die Bänder auf drei Linien bis zum 30. August 2021 angehalten. Auf Linie 1 wird umgebaut, weil dort der vollelektrische Q6 Etron gebaut werden soll. Die Linien 2 und 3 stehen still wegen des Halbleitermangels. 6.000 Mitarbeiter sollen hier kurzarbeiten. In Neckarsulm sind 4.000 Beschäftigte betroffen.

Aktuell plant der Autobauer nach eigenen Angaben "von Woche zu Woche". Vorsorglich hat das Unternehmen auch schon für September Kurzarbeit angemeldet. Würden Bauteile geliefert, versuche man, die Produktion jedoch so schnell wie möglich aufzuholen. Auch mit Wochenendschichten. Seit Jahresanfang musste Audi rund 50.000 Autos weniger bauen wegen der fehlenden Teile - trotz voller Auftragsbücher.

BMW

Der bayerische Autohersteller kommt bislang relativ gut durch die Halbleiterkrise. BMW sieht seine Werke weltweit gut versorgt. In den deutschen Werken in Leipzig, München und Dingolfing laufe die Produktion "normal". Auch in Oxford sei keine Kurzarbeit geplant.

Nichtsdestotrotz könnte BMW ohne die Engpässe im laufenden Jahr zwischen 70.000 und 90.000 Fahrzeuge mehr verkaufen.

Daimler

Auch die Stuttgarter setzen auf Kurzarbeit. Sowohl in Bremen als auch in Rastatt und Sindelfinden wurde am 19. und 20. August kurzgearbeitet. In Sindelfingen ist vor allem die Produktion der E-Klasse betroffen. 

Nach eigenen Angaben passt der Autobauer seine Produktion permanent an die Liefermöglichkeiten an.

Ford

In der Kölner Fiesta-Produktion standen die Bänder bereits von Anfang Mai bis Mitte Juli still - wegen fehlender Chips. Eigentlich wollte Ford seine Produktion am 18. August nach dem einmonatigen Werksurlaub wieder aufnehmen, muss jetzt aber erneut runterfahren.

Schuld sind allerdings nicht nur die mangelnden Halbleiter. Bei einem malaysischen Zulieferer gab es coronabedingte Ausfälle und so kommt es zu Verzögerungen bei der Lieferung von Türmodulen. Seit dem 17. August befinden sich die Mitarbeiter in Köln - zunächst für zwei Wochen - in Kurzarbeit. Doch die Belegschaft wurde schon informiert, dass es damit möglicherweise nicht getan sein könnte.

Am zweiten Ford-Standort in Saarlouis wird das Modell Focus gebaut, hier werde die Produktion nach den Sommerferien am 23. August wieder planmäßig starten.

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Toyota

Seit dem 20. August ist nun auch bekannt, dass Toyota seine Produktion in 14 Werken weltweit kürzt. Noch im Februar schienen die Japaner die beginnende Halbleiterkrise mit Bravour zu meistern - im Vergleich zu den inländischen Konkurrenten Honda und Nissan. Da Toyota keine deutschen Werke hat, wird hierzulande auch keine Kurzarbeit angeordnet.

Volkswagen

Nach der Sommerpause wird die Produktion im Wolfsburger Stammwerk nur eingeschränkt wieder anfahren. Alle Fertigungslinien sollen dann nur mit einer Schicht bedient werden, so ein Unternehmenssprecher. Das bedeutet: Kurzarbeit. Als Grund nennt VW den Mangel bei Halbleitern, konnte aber noch nicht genau sagen, wie viele Mitarbeiter von der Kurzarbeit betroffen sind.

Halbleitermangel - wie geht es weiter?

Ob der Chipmangel bald behoben sein wird? Darauf wollen sich die Autohersteller nicht festlegen. Die großen Chip-Produzenten blasen jedenfalls in ähnliche Hörner: So bald werde die Halbleiterkrise nicht überwunden sein. Da sind sich Intel-Chef Pat Gelsinger und der CEO der Chip-Schmiede Global Foundries einig.

Gelsinger rechnet damit, dass der Mangel weltweit bis zu zwei Jahre dauern könnte. Michael Hogan, Senior Vice President beim Auftragsfertiger Globalfoundries, geht zwar nicht von zwei Jahren aus, aber mit einem schnellen Turnaround rechnet auch er nicht. Von einer Bestellung eines Autoherstellers bis zur tatsächlichen Lieferung vergingen 20 bis 25 Wochen - fast ein halbes Jahr.

Auch die Analysten von Gartner erwarten eine Erholung erst 2023 oder sogar 2024. Dann seien neue Fertigungskapazitäten aufgebaut, um nicht nur den Nachholbedarf, sondern auch den steigenden Grundbedarf zu decken. Aktuell könne die Automobilindustrie mit ihren Anforderungen spezieller ausfallsicherer Chips nicht mit der hohen Nachfrage (und der damit einhergehenden Marktmacht) von Elektronik- und Smartphone-Herstellern mithalten.

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