Ein Gabelstapler mit Ladung fährt an einem Lagerregal vorbei

Lagerhaltung wird wieder attraktiver. (Bild: hit1912 - stock.adobe.com)

Seit März 2020 hält die Corona-Pandemie Unternehmen weltweit in Atem. Vor allem während des ersten Lockdowns brach die Wirtschaft ein, weil Lieferketten nicht mehr funktionierten.

Inzwischen scheint es einen neuen Normalzustand, ein New Normal, zu geben: Abläufe wurden angepasst, die Produktion läuft wieder. Doch wie ist der Zustand der Produktionsunternehmen? Welche Themen werden jetzt wichtig, um effizient und zukunftsweisend zu produzieren?

Im Zeitraum zwischen Anfang November 2020 und Mitte Dezember 2020 hat Grean, zum zweiten Mal seine Kunden befragt, wie sie die Lage derzeit einschätzen. Grean ist eine Ausgründung aus dem Institut für Fabrikanlagen und Logistik der Leibniz Universität Hannover und spezialisiert auf Fabrikplanung, Prozessoptimierung und Steigerung der
Ressourceneffizienz,

Es wurde untersucht, welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf logistische Performance-Indikatoren wie die Auslastung der Produktion, die Bestände, die Lieferperformance oder die Fertigungstiefe besitzt.

Die Studie zeigt, dass sich die Gesamtstimmungslage zwar aufgehellt hat. Es gibt keine Strukturbrüche in der Produktion durch Outsourcing oder Verlagerung. Dennoch haben sich die Themen, die für die Zukunft als wichtig betrachtet werden, verschoben. Effizienzthemen gewinnen deutlich an Bedeutung, Ressourceneffizienz wird zum "Luxusproblem".

Schlechte Stimmung, Ausblick OK

Zentrales Ergebnis der Studie ist es, dass grundlegende Strukturen der Produktion bisher durch die Krise nicht aufgebrochen sind. So wird etwa derzeit Wertschöpfung nicht im großen Maßstab zu Lieferanten oder ins Ausland verlagert und outgesourct.

Auch die Fertigungstiefe in den Produktionsunternehmen bleibt hoch. „Das sind erst einmal gute Nachrichten“, wertet Tim Busse von Grean diese Ergebnisse. „Die Unternehmen wollen ihren klaren Produktions-Footprint auch in Zukunft behalten“.

Nur wenige Unternehmen schätzen ihre aktuelle Situation als schlecht ein, mehr als 86 Prozent bezeichnen die Lage als gut oder mittel. Im Vergleich zur Vorerhebung im Sommer 2020 hat sich die Situation verbessert, damals lag der Positivwert bei knapp 82 Prozent.

Der Ausblick auf die kommenden zwölf Monate ist durchwachsen, sagen 58,62 Prozent, die Wenigsten sehen aber eine künftige Verschlechterung der Lage (6,9 Prozent).

Hohe Auslastung bei gleichbleibender Fertigungstiefe

Die Auslastung in der Produktion ist weiter hoch. Nur 6,7 Prozent geben an, dass die Auslastung gering sei. Damit ist das Auslastungsniveau im Vergleich zur Vor-Erhebung sogar gestiegen.

Gefragt nach den Ursachen geben 27,6 Prozent an, dass sie ihre Kapazitäten in der Corona-Pandemie systematisch und teils dauerhaft reduziert haben. Dadurch wird gegebenenfalls langfristig der Produktions-Footprint reduziert.

Aktuell erwarten 53,3 Prozent eine höhere Auslastung, 46,7 Prozent eine gleiche Auslastung (und damit niemand eine weitere Absenkung).

Alle Befragten geben ihre Fertigungstiefe mit mindestens „mittel“ an. Der Schwerpunkt mit Fokus auf die Produktion bleibt also erhalten. Offenbar gab es bisher keine strukturellen Verlagerungen von Produktion.

Knapp 75,9 Prozent geben auch an, dass die Anzahl der Lieferanten in der Krise gleich geblieben ist, eine Rückwärtsintegration von Wertschöpfung hat nicht stattgefunden. Im Ausblick geben glatte 80 Prozent der Teilnehmer an, dass die Fertigungstiefe künftig gleich bleiben wird.

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Hohe Lagerhaltung, hohe Lieferperformance

Knapp 80 Prozent der Teilnehmer bezeichnen ihre Bestände in Produktion und Lager derzeit als „mittel“ oder sogar „hoch“. Damit ist das Niveau im Vergleich zur VorUntersuchung sogar noch einmal gestiegen. Damals lag der Wert bei 73,3 Prozent.

Hohe Bestände werden zunehmend als Versicherung gegen Turbulenzen in der Lieferkette verstanden. Dies verdeutlicht auch die Absicht von 58,6 Prozent, die Bestände in Zukunft gleich zu belassen.Ein knappes Viertel (24,1 Prozent) gibt sogar an, die Bestände weiter zu erhöhen.

Für 86 Prozent der Befragten ist ihre derzeitige Lieferperformance „hoch“ oder „mittel“. Damit sinkt der Wert von 93 Prozent aus der Vor-Untersuchung. Einen klaren Grund dafür ergibt die Studie nicht - möglich wäre das gestiegene Auslastungsniveau, das zu mehr Terminabweichungen führt.

Gleichwohl erkennen 31,1 Prozent der Befragten, dass sie künftig ihre Performance noch steigern müssen, die übrigen 68,9 Prozent wollen ihre Performance mindestens gleichhalten.

Mehr Unsicherheit, wenig Investitionen

Die aktuelle Investitionsbereitschaft im Produktionsumfeld geben 78,6 Prozent mit „mittel“ oder „gering“ an – wir sind in der Rezession. Der Wert ist im Vergleich zur Vor-Untersuchung im Sommer leicht gesunken (von 86 Prozent) – ein Zeichen etwas höherer Investitionsbereitschaft in der Produktion.

66,7 Prozent geben im Ausblick an, dass die Bereitschaft zu investieren gleich bleibt, bei 13,8 Prozent reduziert sie sich sogar. Wichtig wird sein, dass keine notwendigen Investitionen „verloren“ gehen, um die Substanz der Produktion zu erhalten. Ein antizyklisches Verhalten ist nicht zu erkennen.

Fast zwei Drittel (65,5 Prozent) der Befragten erkennen eine „mittlere“ Unsicherheit, ein Fünftel (20,7 Prozent) sogar eine hohe. Damit sinkt der Wert im Vergleich zur Voruntersuchung deutlich – damals hatten dies 94 Prozent der Befragten angegeben.

Offenbar ist das „New Normal“ bereits in den Köpfen der Entscheider angekommen. Gleichwohl bleiben agile Entscheidungen, Resilienz und Giga-Flexibilität in der Produktion wichtig.

Bearbeitet von Dörte Neitzel

Übersicht über die Kennzahlen, wie sich die Produktion in der Corona-Pandemie verändert hat.
Die Kennzahlen stellen zum einen den Vergleich zum langfristigen Trend der Voruntersuchung (Änderung) dar, sowie den Blick der Befragten nach vorn (Ausblick). (Quelle: Grean, Whitepaper Produktionsumfrage)

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