Digitaler Einkauf

Wie kann Eigenverantwortlichkeit im indirekten Einkauf gelingen? (Bild: ipuwadol - stock.adobe.com)

E-Procurement-Systeme befähigen Mitarbeiter, den Einkauf von C-Teilen sowie indirekter Bedarfe selbstständig mit minimalem Arbeitsaufwand abzuwickeln. Wie können so Freiräume für die strategisch entscheidende Beschaffung der A- und B-Teile gesetzt werden?

Die Grundidee ist dabei, die operative Beschaffungstätigkeit an diejenigen auszulagern, die den Bedarf haben – sogenannte Bedarfsträger. Entscheidend für den Erfolg dieses Ansatzes ist die richtige Mischung aus individuellem Freiraum und ausreichend Kontrolle. Hier bieten E-Procurement-Lösungen verschiedene Stellschrauben, die die Einkaufsabteilung passend zur jeweiligen Unternehmenssituation entsprechend konfigurieren kann.

Aufgaben effizient bewältigen und Abteilungen entlasten

Ein Unternehmen hat mit der Einführung von E-Procurement viel zu gewinnen. Während Maverick-Buying den tatsächlichen Bedarf verschleiert, fördert eine Digitalisierung der Beschaffung die Transparenz. Einkäufer erhalten einen validen Überblick über Umsätze und Beschaffungspotenzial und können sich damit eine bessere Ausgangsposition bei den Jahresverhandlungen erarbeiten.

Auf der einen Seite behält die Einkaufsabteilung die Kontrolle, indem sie die Lieferanten auswählt und die Lieferkonditionen aushandelt, Produktsegmente abgrenzt, Budgets und Freigabegrenzen festlegt sowie die Berechtigungen der Mitarbeiter definiert. Auf der anderen Seite ermöglicht ein integriertes Reporting jederzeit den Zugriff auf aktuelle Zahlen, darüber hinaus kann mit der Verknüpfung zum ERP-System die Beschaffung sogar in die Unternehmenssteuerung eingebunden werden. Den Mitarbeitern wird mehr Freiheit bei den Bestellungen eingeräumt – und innerhalb der vorgegebenen Begrenzungen kann damit die Kontrolle reduziert werden.

Das hat auch Auswirkungen auf nachgelagerte Bereiche wie Finance und interne Logistik. So geht die Konsolidierung der Lieferantenzahl in der Regel mit weniger Einzellieferungen einher, was zum einen die Verfügbarkeit des Materials verbessert, auf der anderen Seite eine Reduzierung von Schattenlagern ermöglicht und insgesamt die Prozesseffizienz erhöht.

Da die Bestellungen elektronisch in der Finanzbuchhaltung vorliegen, kommt es nicht zu überraschenden Rechnungseingängen. Die Zuordnung wird durch die Digitalisierung vereinfacht und die Klärung offener Fragen beschleunigt. Dadurch kann auch die 14-tägige Skontofrist eingehalten und der Skontoabzug häufiger genutzt werden. Nicht zuletzt müssen aber auch die Bedarfsträger einen Vorteil in der elektronischen Beschaffung sehen. Nur wenn auch sie entlastet werden, wird eine digitale Bestellplattform von den Mitarbeitern angenommen – das ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor.

Regelwerk festlegen

Eines sollte man sich bewusst machen: Digitalisierung bedeutet nicht, die herkömmlichen manuellen Prozesse 1:1 in der IT abzubilden. Das gilt auch in der Beschaffung. Beim traditionellen Verfahren wird erst kurz vor der Auftragserteilung geprüft, was wo gekauft werden soll. Dagegen werden beim E-Procurement bereits mit der Einrichtung des Systems weitgehende Festlegungen getroffen. Diese Vorauswahl ermöglicht eine starke Straffung des Prozesses, da die Prüfung einer Bestellung wesentlich zügiger erfolgen kann. So lassen sich Prozesskosten um bis zu 40 Prozent senken.

Welche Kosteneinsparungen tatsächlich realisiert werden können, ist abhängig vom jeweiligen Optimierungspotenzial bei den unternehmensspezifischen Abläufen und Prozesskosten im Einkauf. Zudem zielt die Verbesserung der Prozesseffizienz durch Digitalisierung nicht auf die Einsparung von Personalressourcen ab, sondern auf die Entlastung der Mitarbeiter. Dadurch werden zeitraubende Routinetätigkeiten stark reduziert, um stattdessen Kapazitäten für stärker wertschöpfende Tätigkeiten zu schaffen.

Schlanke Prozesse

An erster Stelle bei der Optimierung der Prozesse ist die Lieferantenauswahl zu nennen. Mit einigen wenigen strategischen Lieferanten werden Rahmenverträge geschlossen, die zum einen Preiskonditionen, zum anderen Produktbereiche betreffen. Nur die definierten Sortimente dieser Lieferanten stehen bei der Bestellung zur Verfügung, was die Suche und Auswahl erleichtert.

An zweiter Stelle sparen sich die Nutzer aufwändige Eingaben. Alle bestellrelevanten Informationen sind hinterlegt. Das betrifft sowohl Details zu den Produkten aus den elektronischen Katalogen als auch Angaben wie Kontierungstypen oder Lieferadresse. Gegebenenfalls können auch unterschiedliche Genehmigungsverfahren zur Auswahl angeboten werden. Über das Benutzerprofil ist jede Bestellung automatisch mit der richtigen Kostenstelle verknüpft. So kann jederzeit ein aktuelles Reporting erstellt werden, was zusätzliche Transparenz schafft.

Verantwortung übertragen

An dritter Stelle steht die Frage: Wer darf was? Genauer gesagt: Welcher Mitarbeiter bekommt Zugriff auf welchen Lieferanten oder auf welche Produktbereiche? Bis zu welchem Limit? Mit der entsprechenden Rechtevergabe wird die Prüfung, ob ein Mitarbeiter Produkt X von Lieferant Y bestellen darf, bereits vorweggenommen. Innerhalb der vorgegebenen Sortimente hat der Mitarbeiter die freie Wahl. Dadurch entfallen unnötige Rücksprachen und Freigaberunden, die den Prozess in die Länge ziehen.

Mit der Definition von Freigrenzen, bis zu denen keine Genehmigung benötigt wird, kann dem Bedarfsträger zusätzlich Verantwortung übertragen werden – was auch eine Wertschätzung ausdrückt. Limits oder Budgets können sowohl nach Auftragswert als auch nach Stückpreis vergeben werden. Auch mehrstufige Freigabegrenzen sind im Rahmen eines Genehmigungsworkflows möglich.

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