Mann oder Frau hält einen großen Brocken Colemanit in den Händen, das Mineral aus der Gruppe der Borate

Colemanit: Das Mineral der Borate kristallisiert sich. (Bild: Funtay - stock.adobe.com)

Was ist Bor?

Bor ist – wie Beryllium und Lithium durch den Urknall entstanden, kann aber nicht durch Kernfusion erzeugt werden. Im Gegensatz zu Wasserstoff und Helium – beide sind ebenfalls durch den Urknall entstanden, können aber auch durch Kernfusion gebildet werden – ist Bor jedoch, gemessen an seinem geringen molekularen Gewicht, selten. In der Rangliste der häufigsten Elemente belegt es auf Platz 26.

Das chemische Element Bor mit dem Symbol B ist im wahrsten Sinn "das fünfte Element". Es besitzt die Ordnungszahl 5, was bedeutet, dass es das fünftleichteste Element im Periodensystem ist. Das Halbmetall Bor kann viele Formen annehmen. In seiner amorphen Form tritt es als braunes Pulver auf, alternativ ist es als kristalline Form zu finde. In der Natur kommt Bor nicht in seinem elementaren Zustand vor, sondern immer als Verbindung. Zusammen mit Sauerstoff als Borsäure (Sassolin) oder als Salze, wie Borax. Wirtschaftliche Bedeutung hat vor allem kristallines Bor. Dieses kommt, zum Beispiel als Colemanit - natürlich vor. Kristallines Bor lässt sich aber auch durch Erhitzen von amorphem Bor herstellen. Je nach Anordnung der Bor-Atome entstehen kristalline Bor-Arten mit unterschiedlichen Farben (transparent, rot, schwarz-grau, schwarz und rötlich).

Bor-Materialien werden nach ihrem Gehalt an Bor-Oxid (B2O3) bewertet. Dieser variiert je nach Mineral bzw. Erz und ob Kalzium und Natrium vorhanden sind. Die Bor-Mineralien Colemanit, Kernit, Tincal und Ulexit machen rund 90 Prozent der in der Industrie weltweit verwendeten Borate aus.

Amorphes Bor als brauner Brocken, aber mit Bröseln drumherum
Amorphes Bor: Die braune Substanz ist brüchig und kann zu Pulver zerfallen. (Bild: Björn Wylezich - stock.adobe.com)

Wo wird Bor verwendet?

Die US Geological Survey spricht von rund 300 Anwendungen für Borate. Dreiviertel des Verbrauchs geht danach in die Produktion von Keramiken, Reinigungsmitteln, Düngemitteln und die Glasherstellung. Für Deutschland sind aber noch weitere Anwendungen relevant:

Bor in der Stahlindustrie

Bor wird häufig zur Herstellung von Aluminiumlegierungen verwendet, da es die Festigkeit und die Wärmebeständigkeit der Legierung erhöht. Es verbessert auch die Schmelzeformbarkeit und die Gießfähigkeit der Legierung, was die Verarbeitung erleichtert. Bor kann auch die Korrosionsbeständigkeit von Aluminiumlegierungen erhöhen und die Bildung von intermetallischen Phasen verhindern, die die Festigkeit beeinträchtigen können.

Bor in der Automobilindustrie

Diese Aluminiumlegierungen werden in vielen Teilen Autos verwendet, wie zum Beispiel in der Karosserie, im Rahmen und im Motorblock. Auch in Abgasreinigungssystemen sind Borverbindungen zu finden, um die Emission von Schadstoffen zu reduzieren.

Borverbindungen werden darüber hinaus in der Herstellung von Batterien verwendet. Zum Beispiel in der Produktion von Lithium-Ionen-Batterien, die in Elektrofahrzeugen eingesetzt werden.

Experten sagen, dass die grüne Energiewende und Elektrofahrzeuge  mit Bor das machen, was sie vor einem Jahrzehnt mit Lithium gemacht haben. Laut Credit Suisse Equity Research wird sich der Markt bis zum Ende des Jahrzehnts verdoppeln, vor allem aufgrund von Dekarbonisierungsanwendungen.

Bor für die Werkzeugherstellung

Bor wird zudem in der Produktion von Hochleistungs-Borcarbid-Werkzeugen verwendet, die für die Bearbeitung von harten Materialien wie Aluminium und Stahl verwendet werden. Das härteste Material mit Bor ist Bornitrid (CBN), es ist nach dem Diamant der härteste bekannte Schleifstoff.

Bor für erneuerbare Energien

Sogenannte Supermagnete verfügen über die höchste Haftkraft bei sehr kleinem Volumen. Sie werden auch Neodym-Eisen-Bor-Magnete (NeFeB-Magnete) genannt. Laut Umweltbundesamt bestehen sie 67 Prozent aus Eisen, 32 Prozent Neodym und 1 Prozent Bor.

Im Vergleich zu herkömmlichen Ferrit-Magneten bieten sie eine 16-fache Energiedichte. Verbaut werden sie beispielsweise in Windkraftanlagen, kommen aber auch in Pedelecs, Industriemotoren sowie E-Autos zum Einsatz.

Bor ist aber auch eines der Elemente, die in Solarzellen benötigt werden. Es wird gerne für die sogenannte Dotierung genutzt. Diese steigert die Leitfähigkeit von Silizium und damit letztendlich die Leistung der Solarzelle. Alternativ nutzen Solar-Hersteller statt Bor auch Indium oder Gallium.

Bor in der Halbleiterindustrie

Borverbindungen werden in der Halbleiterherstellung als sogenannte Dotierelemente benötigt. Es wird in Siliziumkristalle eingebaut und erhöht – wie bei Solarzellen – die Leitfähigkeit. Auf diese Weise dotierte Halbleiter heißen p-Leider oder p-dotierte Halbleiter. Eine Alternative zu Bor ist hier Phosphor.

Halbleiterhersteller Samsung hatte 2020 verkündet, dass das Unternehmen ein neues Halbleitermaterial entdeckt habe. Das Material heißt amorphisches Bor-Nitrit (a-BN), eine Verbindung aus Bor und Stickstoff mit einer amorphischen Molekularstruktur. Ein Vorteil dieses amorphischen Bor-Nitrits soll sein, dass es auf Wafer-Größe mit etwas unter 400 Grad Celsius auf Substrat wachsen kann, was als niedriger Wert gilt. Marktreif ist die Technologie noch nicht. Bor-Nitrit könnte aber als Bindeglied zwischen der Graphen- und der Silizium-Technologie dienen.

Darüber hinaus wird Bor für Feuerzeuge und Zündhölzer sowie medizinische Anwendungen benötigt, wie beispielsweise Borverbindungen in der Behandlung von Osteoporose.

Wie teuer ist Bor?

Nach Angaben von Henri Tausch, CEO von 5EAdvanced Materials, haben sich die Borsäurepreise im vergangenen Jahr fast verdoppelt und liegen nun bei etwa 1.200 US-Dollar pro Tonne, obwohl die Branche nach wie vor undurchsichtig ist und die Preisfindung hauptsächlich über das Netzwerk des Unternehmens von Brancheninsidern erfolgt. Tausch geht davon aus, dass sich die Transparenz angesichts der Marktstruktur nicht wesentlich verbessern wird.

Diese Länder sind die größten Produzenten von Bor

Wo wird das meiste Bor gefördert?

Das Land mit der höchsten Bor-Förderung ist die Türkei. Weltweit ist das Land für rund mehr als die Hälfte der weltweiten Borproduktion verantwortlich. Im Jahr 2022 waren es laut USGS rund 1.700.000 Tonnen. Andere wichtige Borproduzenten sind China (300.000 Tonnen Bor-Oxid-Äquivalente), Chile (300.000 Tonnen Ulexite), Bolivien (200.000 Tonnen Ulexite) und Peru (250.000 Tonnen Roh-Borate). Aber auch in Deutschland gibt es eine Bor-Produktion von immerhin 60.000 Tonnen in 2022.

Laut US Geological Survey wurde im Jahr 2020 weltweit eine Fördermenge von etwa 4,8 Millionen Tonnen Bor gefördert, für 2021 und 2022 gibt die USGS keine Produktionsmengen mehr an. Wass zu einem zentralen Thema im Bereich der kritischen Mineralien geworden ist, 80 Prozent der nachgelagerten Borkarbidverarbeitung findet in China statt.

Welche Unternehmen produzieren Bor?

Das türkische Staatsunternehmen Eti Maden und Rio Tinto kontrollieren rund 85 Prozent des weltweiten Angebots von 4,5 Millionen Tonnen pro Jahr. Allein Eti Maden, dessen Geschichte auf ein Dekret Atatürks aus dem Jahr 1935 zurückgeht, deckt mit nur vier Minen fast zwei Drittel der weltweiten Produktion ab.

Die historische Mine von Rio befindet sich in Boron, Kalifornien, der Heimat des berühmten 20 Mule Teams. Die derzeit produzierende Mine stammt aus dem Jahr 1927 und Rio geht davon aus, dass sie im Jahr 2042 das Ende ihrer Lebensdauer erreichen wird. Die erste Borax-Mine in der Region wurde 1872 von Francis Smith in der Nähe des Death Valley gegründet.

5E Advanced Materials ist Eigentümer von Fort Cady, der weltweit größten konventionellen Borlagerstätte in der Mojave-Wüste in Südkalifornien. Die Lagerstätte, die nicht weit von der Bor-Mine von Rio entfernt liegt, wurde in den späten 1970er-Jahren entdeckt, und in den 1990er-Jahren wurde einige Jahre lang eine kleine Anlage zur Herstellung von Colemanit betrieben. Seitdem hat sich an dem Standort nicht viel getan, und nach mehreren Eigentümerwechseln erwarb 5E, dann American Pacific Borates, 2017 Fort Cady.

Kann Bor recycelt oder substituiert werden?

Natriumpercarbonat kann Borate in Waschmitteln ersetzen und erfordert niedrigere Temperaturen, um hydrolysiert zu werden. In Beschichtungen wie Emaille können andere glaserzeugende Substanzen verwenden, wie beispielsweise Phosphate. Dämmersatzstoffe sind Zellulose, Schäume und Mineralwolle. In Seifen können statt Bor Natrium- und Kaliumsalze von Fettsäuren als Reinigungs- und Emulgiermittel eingesetzt werden.

Das Recycling von Bor ist bislang noch nicht wirklich realisiert.

Welches Land hat die größten Bor-Reserven?

Die meisten Bor-Reserven der Welt befinden sich in der Türkei mit 1,2 Milliarden Tonnen (Stand 2021). Auf den Plätzen zwei und drei befinden sich mit jeweils 40 Millionen Tonnen Russland und die USA. 35 Millionen Tonnen schlummern laut USGS im Boden Chiles und China könnte 24 Millionen Tonnen beitragen. Peru ist mit vier Millionen Tonnen Bor-Reserven abgeschlagen auf dem sechsten Platz.

In den USA ist die Mojave-Wüste das größte Reservoir an Boraten.

Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

Die größten Bor-Reserven der Welt

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Salzsee Salar de Uyuni -
Salar de Uyuni (Bild: Gerd Mischler)

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