Wann und wie sollten sich Unternehmen idealerweise mit dem Thema C-Teile und deren Management befassen? Ein Blick in die betriebliche Praxis zeigt, dass eine Vielzahl der Beschaffungsorganisationen sich generell und branchenübergreifend erst sehr spät – bezogen auf den Produktentstehungsprozess – mit der Thematik auseinandersetzen.
Diese Tatsache manifestiert sich oftmals in der arbeitsintensiven Exportierung von Daten aus ERP-Systemen und der nachgelagerten Aggregation sowie Aufbereitung von betrieblichen Stamm- und Bewegungsdaten in Form von Excel-Dateien. Diese enthalten in der Regel eine Auflistung aller (wahrscheinlich) benötigten Artikel sowie deren Jahresverbrauchsmengen für die infrage kommenden Lieferanten. Im Anschluss werden potenzielle Lieferanten um ein Preisangebot gebeten, auf deren Basis eine kaufmännische Entscheidung getroffen wird.
Doch Frage ist: Kann eine solche Vorgehensweise alle Beschaffungspotenziale heben? Oder gibt es prozessuale Optimierungsmöglichkeiten?
Die Herausforderungen bei der Beschaffung und dem Management von C-Teilen sind in der Literatur ausreichend beschrieben und den meisten Beschaffungsorganisationen hinlänglich bekannt. Insbesondere die Vielzahl von Materialnummern und Lieferanten sowie die hohen Logistik- und Prozesskosten im Vergleich zum Materialwert rufen nach einer skalierbaren und zukunftsweisenden Beschaffungsstrategie.
Befeuert wird die Notwendigkeit zudem durch aktuelle Entwicklungen an den globalen Beschaffungsmärkten sowie durch branchenübergreifende Megatrends wie die Digitalisierung, die Fertigungsflexibilisierung oder die Verabschiedung neuer juristischer Rahmenbedingungen wie beispielsweise das Lieferkettengesetz.
Selbst erfahrene Beschaffer müssen derzeit schmerzhaft erkennen, dass die Anwendung der Sechs-R-Regel, im Wesentlichen das Zusammenspiel zwischen Beschaffung und Logistik, nicht zwangsläufig dazu führt, dass alle Beschaffungspotenziale auch identifiziert und gehoben werden. Im schlimmsten Fall gibt es noch nicht einmal eine Garantie für eine wettbewerbsüberlegene Supply Chain.
Der Grund dafür ist, dass die klassischen Methoden und Strategien der Beschaffung zumeist kurz vor dem Produktionsstart (SOP) verortet sind – also hier erst ansetzen.
Forward Sourcing im C-Teile-Management
Eine moderne und erfolgversprechende C-Teile-Beschaffung und -Versorgung wirkt jedoch schon in einer frühen Phase des Produktentstehungsprozesses mit. Dieser Ansatz beziehungsweise diese Strategie ist in der Praxis auch unter dem Überbergriff Forward Sourcing bekannt und stellt die frühzeitige, aktive Rolle der verantwortlichen Beschaffer in den Vordergrund.
Ein Kernelement des Forward Sourcing bei der Ausgestaltung von C-Teile-Management-Systemen, stellt die Bildung cross-funktionaler Teams auf Kunden- und Lieferantenseite dar, welche bereits in einer frühen Phase des Produktentstehungsprozesses eng zusammenarbeiten.
Hierdurch soll verhindert werden, dass Produkt- und Prozesseigenschaften entwickelt werden, welche durch den Lieferanten nicht oder nicht wirtschaftlich bedient werden können und dadurch im weiteren Verlauf des Entstehungsprozesses zu Kostentreibern werden. Konkret müssen ExpertInnen aus den Bereichen Engineering, Anwendungstechnik, Logistikplanung und der Beschaffung sowie Qualitätssicherung konsolidiert und auf die Erreichung einer übergeordneten Supply-Chain-Zielsetzung ausgerichtet werden. Als Praxisbeispiel kann die Vermeidung von Sonder- und Zeichnungsteilen – zugunsten von Standardteilen – zur Reduktion von Beschaffungskosten ins Feld geführt werden.
Alle Potenziale im C-Teile-Management nutzen
Erste C-Teile-Management-Spezialisten füllen den Strategieansatz durch das Angebot von kollaborativen Werksbegehungen, dem sogenannten Line Walk und nachgelagerten Workshops, erfolgreich mit Leben. Unter Berücksichtigung vorhandener Rahmenbedingungen wie zum Beispiel der verfügbaren Lagerfläche oder der Fertigungsorganisation werden partnerschaftliche Lösungen entwickelt, welche effektiv, effizient und in der Praxis umsetzbar sind.
Ein weiteres Element des Forward Sourcing im Bereich des C-Teile-Managements ist das Cost Engineering. Aus der oben aufgezeigten Einbindung des Lieferanten in einer frühen Phase des Produktentstehungsprozesses entsteht die Notwendigkeit des Aufbaus gegenseitigen Vertrauens. Dieses beinhaltet somit auch die gegenseitige transparente Darstellung und Einschätzung bestehender Kostenstrukturen sowie etwaiger Optimierungspotenziale. Hierfür sind detaillierte Kenntnisse von betriebswirtschaftlichen Methoden als auch fundiertes Wissen über Fertigungsprozesse und den Eigenschaften von Produkten notwendig.
Checkliste C-Teile-Management
- Kenne ich das relevante Teilespektrum (Art, Menge, Wert, Hersteller, Lieferant etc.)?
- Sind die aktuellen Beschaffungsprozesse und die dadurch entstehenden Kosten für C-Teile bekannt?
- Wie ist der Gesamtprozess für Bestellung, Lagerung, interne Transporte und Bereitstellung?
- Welche Prozesse, Strukturen und Arbeitsbereiche beeinflussen die Einführung eines C-Teile-Managements?
- Werden sowohl Serien- als auch Instandhaltungsbedarfe im C-Teile-Management abgedeckt?
- Welche Lieferanten könnten Teil eines ganzheitlichen C-Teile-Managements sein?
- Welche Ziele verfolge ich mit der Einführung von C-Teile-Management?
- Was erwarte ich von einem künftigen C-Teile-Dienstleister? Ist er bezüglich Produktportfolio, Services und Erweiterbarkeit zukunftsfähig?
Unterstützt wird dieser Ansatz durch die konsequente Ausschöpfung digitaler Steuerungsmöglichkeiten, Controlling-Tools sowie der Automatisierung aller Beschaffungsprozesse der Kunden. Als unmittelbarer Stellhebel zur Beeinflussung des Beschaffungsvolumens fungiert dabei die Möglichkeit der Einbindung von Drittlieferanten. Drittlieferanten sind Lieferanten, die Produktbereiche mit entsprechender Spezialisierung abdecken, die über das originäre Sortiment des C-Teile-Management-Dienstleisters hinaus gehen.
Grundlage bilden hier RFID- und BLE-Logistiksysteme sowie die entsprechend notwendigen Steuerungsplattformen, welche eine Weiterleitung von Bestellnachrichten direkt an die angebundenen Partner erlaubt. Hierdurch können unnötige Warenbewegungen und somit Aufwendungen vermieden und das Beschaffungsvolumen reduziert werden.
Modernes C-Teile-Management muss als iterativer, ganzheitlicher und agiler Prozess verstanden werden, welcher nicht über pauschal formulierte Vorgehensweisen in die betriebliche Praxis überführt und gelebt werden kann. Vielmehr sind zunächst die Bedürfnisse des Kunden in den jeweiligen Phasen des angesprochenen Produktentstehungsprozesses und der Planung von Fertigung und Montage zu erörtern.
Ein kompetenter C-Teile-Management-Partner adressiert mit seinem Service- und Dienstleistungsangebot gezielt zentrale Themenstellungen wie beispielsweise Industrie 5.0, Flexibilität, Versorgungssicherheit und Qualität.
Das Unternehmen: Keller & Kalmbach
Keller & Kalmbach, 1878 in München gegründet, gehört zu den führenden Großhandelsunternehmen für Verbindungselemente und Befestigungstechnik, Sonder- und Zeichnungsteile, Hebetechnik sowie weitere C-Artikel für Produktion und Instandhaltung. Der Spezialist für C-Teile-Management sorgt mit seinen innovativen Logistikkonzepten, der logistischen und anwendungstechnischen Beratung sowie der Plattform eLogistics für maßgeschneiderte Lösungen bei Kunden aus der Automobil- und Nutzfahrzeugindustrie, dem Maschinen- und Anlagenbau, der Bahnindustrie und der Land- und Baumaschinenindustrie. Das Familienunternehmen beschäftigt weltweit 900 Mitarbeiter und genießt einen hervorragenden Ruf als kompetenter Lieferant, Dienstleister und Partner.
Studie: Potenziale in der Zusammenarbeit mit Lieferanten und Dienstleistern
Die Anforderungen von produzierenden Unternehmen an Lieferanten und Dienstleister ändern sich heutzutage fortlaufend. Besonders durch Krisen, wie die Corona-Pandemie, werden Unternehmen vor neue Herausforderungen gestellt. ‚New Normal‘ bezeichnet den angepassten Zustand, der sich nach einer Krise unter Berücksichtigung veränderter Bedürfnisse etabliert.
In einer Onlinebefragung vom Fraunhofer IML und Keller & Kalmbach wurden 95 Unternehmen zu Themen wie Lieferantenstruktur, Kollaborationsansätze, Datenaustausch und -sicherheit sowie Innovation und Entwicklung befragt. Die Ergebnisse sollen Unternehmen und deren Lieferanten und Dienstleister unterstützen, sich an die veränderten Marktanforderungen der neuen Normalität anzupassen.
Gemeinsamer Fortschritt im New Normal
Die Organisations- und Steuerungsaufgaben eines produzierenden Unternehmens umfassen aufgrund der zunehmenden Vernetzung nicht nur vereinzelte Unternehmensbereiche, sondern mehrere Wertschöpfungsstufen. Hinzu kommen alle Supply Chain (SC) Partner, die über Material- und Informationsflüsse an das SC Netzwerk angebunden sind.
Die erfolgreiche und durch ein hohes Maß an Vertrauen geprägte Zusammenarbeit der Partner stellt eine wichtige Voraussetzung für die Integration der Unternehmen in ein funktionierendes Netzwerk dar. Besonders entscheidend für die Zusammenarbeit ist die Bereitschaft zur Informationsweitergabe und die Fähigkeit der Informationsverarbeitung. Die Nutzung SC-relevanter Informationen ermöglicht Prozess- und Materialflussverbesserungen sowie eine höhere Reaktionsfähigkeit.
Veränderte Kundenanforderungen und Einfluss der Corona-Pandemie
Innerhalb von SC-Netzwerken können intern oder extern induzierte Veränderungen und Unsicherheiten eine erhöhte Flexibilität erfordern. Hierbei ist die effektive und schnelle Umverteilung von Kapazitäten und Kompetenzen innerhalb des Netzwerkes von Bedeutung.
Neben turbulenten Umfeldveränderungen hat sich auch die Vulnerabilität der Wertschöpfung erhöht. Als Ursachen lassen sich der Komplexitätsanstieg sowie die erhöhten Ansprüche an die betriebswirtschaftliche Effizienz nennen. Diese Änderungen hinsichtlich der Anforderungen von Unternehmen werden durch den Wettbewerbsdruck auf Lieferantenseite und durch weitere Faktoren wie die Fokussierung auf Kernkompetenzen (Outsourcing) oder das Modell- und Variantenwachstum bei zugleich abnehmenden Lebenszyklen begründet. Im Umgang mit einem sich verändernden Umfeld sind Strategien wie das Konzept der Resilienz notwendig. Dieses Konzept besteht aus einem proaktiven Vorgehen in der Handhabung von Risiken und aus einem reaktiven Vorgehen zur Sicherung einer hohen Agilität.
Die Corona-Pandemie ist ein Beispiel für eine extern induzierte Veränderung und ein großer Störfaktor hinsichtlich der Abläufe innerhalb der Lieferketten. Neue Herausforderungen führen zum Überdenken von Themen wie Global Outsourcing, zum Aufbau lokaler und von Lean-Prinzipien geprägter Produktionssysteme sowie zu Strategien zur Sicherung eines resilienten Betriebs in Krisensituationen. Diese Anpassungen deuten auf ein ‚New Normal‘ hin.
Technik-Wiki: C-Teile-Management
Teile-Management im Allgemeinen
Unter dem Begriff Teilemanagement sind alle Organisationsaufgaben für Einzelteile und Baugruppen vereint, die in einem Unternehmen entweder hergestellt, montiert oder verwendet werden. Ferner zählen auch notwendige Daten, Normen und Produktblätter dazu. Somit umfasst das Teilemanagement auch Prozesse sowie prozessunterstützende informationstechnische Systeme, mit denen Teileinformationen erzeugt oder verarbeitet werden.
Definition C-Teile
Unter dem Begriff C-Teile sind im Unternehmen alle Dinge zusammengefasst die nur einen sehr geringen Ergebnisbeitrag erwirtschaften, aber für das Gesamtunternehmen und die Herstellung deren Produkte unerlässlich sind. Auf das Jahr gerechnet beträgt der Umsatz mit C-Teilen meist nur wenige Prozent des Gesamtumsatzes. Typische Beispiele für C-Teile sind etwa Büroverbrauchsmaterial, Arbeitsschutzbekleidung, Reinigungsartikel, Schrauben oder einfachere Werkzeuge.
Internes C-Teile-Management
Setzt ein Unternehmen auf ein internes C-Teile-Management, hat dies den Vorteil, dass sämtliche Beschaffungsprozesse innerhalb des Unternehmens liegen. Da allerdings C-Teile in der Regel vom Know-how her am unteren Ende anzusiedeln sind, ist der Vorteil nur von geringer Bedeutung. Vielmehr kann ein internes C-Teile-Management sehr aufwendig, im schlimmsten Fall defizitär sein.
Vorteile eines externen C-Teile-Managements
Ist kein hausinternes C-Teile-Management gewünscht, kann auf Spezialisten zurückgegriffen werden, die das C-Teile-Management zu ihrer Kernkompetenz gemacht haben. So erreicht man in der Regel geringere Lagerbestände für C-Teile und verringert die Kapitalbindung, ohne dass gleichzeitig die maximale Versorgungssicherheit gefährdet wird. Es entsteht also eine Kostenreduktion und Ressourceneinsparung im Bereich Produktion, Materialfluss und Einkauf. Zudem ist es in Zeiten von Corona auch essenziell, dass Lieferketten sicher eingehalten werden können. Auch dies kann ein erfahrener Management-Partner in der Regel bestens garantieren.
Wie man beim Outsourcing vorgehen sollte
Da die Implementierung und Neuorganisation eines C-Teile-Managements die Einbindung zahlreicher Fachexperten erfordert, müssen etliche Abteilungen wie beispielsweise Logistik, Einkauf, Qualitätssicherung, Supply Chain Management und IT frühzeitig involviert werden. Basis für eine erfolgreiche Umsetzung sind eine gemeinsame Werksbegehung und die Erfassung sowie Analyse der Ist-Situation, ergänzt um einen Abgleich hinsichtlich der logistischen Zielsetzungen und Planungen.
Höchste Effizienz dank Kanban
Ein Schlüssel zum Aufbau eines erfolgreichen Preisemanagements ist das Kanban-Prinzip. Das japanische Wort Kanban heißt so viel wie Karte oder Beleg. Kanban, das 1947 von Toyota Motor Corporation entwickelt wurde, ist eine bewährte Methode der Produktionsablaufsteuerung, die sich nur am wirklichen Verbrauch von Materialien am Verbrauchsort beschäftigt. Sie ermöglicht das Verschlanken von Lagerstrukturen von Material, das für die Fertigung benötigt wird.
Von webbasierter Plattform unterstützt
Richtig Smart wird das C-Teile-Management, wenn es auf eine webbasierte Plattform zugreifen kann. Ein Beispiel dafür ist LISA, ein onlinebasiertes C-Teile-Management, das der Spezialist für Verbindungs- und Befestigungstechnik Keller & Kalmbach entwickelt hat. LISA stellt Daten in Echtzeit bereit und sorgt auch mit RFID-Technik dafür, dass Kunden ihre C-Teile sicher im Blick haben.
C-Teile-Management 4.0
Generell kann mittels Lösungen der Industrie 4.0 auch das C-Teile-Management noch effizienter gemacht werden. So hat sich neben der Verwendung von RFID (Radio Frequency Identification) auch NFC (= Near Field Communication, ein auf RFID basierender Übertragungsstandard von maximal 424 kBit/s) bereits bestens etabliert. Auch digitale Zwillinge sind keine Seltenheit mehr.
Auch beim Gefahrstoffmanagement alles aus einer Hand
Handelt es sich bei benötigten C-Teilen um Gefahrstoffe, so hat ein gut aufgestellter C-Teile-Manager auch für diese Spezialprodukte regel- und gesetzeskonforme Lösungen parat. Eine Kombination von spezieller Logistik, von Konzepten der Lieferung bis hin zur richtigen Lagerung, ermöglicht es dem Kunden auch hier, eine Prozessvereinfachung und Kosteneinsparung zu generieren. Auch um die Bereitstellung notwendiger Hilfsmittel wie etwa Datenblättern, Schutzbrillen oder Handschuhen sowie der Entsorgung leerer Gebinde muss sich der Kunde eines guten C-Teile-Managers keine Gedanken machen.
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