CNC water jet cutting machine

CNC fräsen mit Wasserstrahl - günstiges Prozesswasser ist ein Standortfaktor für wasserintensive Betriebe. (Bild: Andrei Armiagov - stock.adobe.com)

Wasser kostet Unternehmen in Deutschland nur wenige Cent. Zudem ist die Ressource ausreichend verfügbar – noch. Denn ihr Preis könnte durch ein bundesweites Wasserentnahmeentgelt steigen. Das will die Bundesregierung einführen. Zugleich könnte der Klimawandel dazu führen, dass weniger Wasser zur Verfügung steht.

Zahlen Unternehmen in Deutschland bald mehr für Wasser? Wird dessen Preis dann zu einem Standortfaktor wie die Energiekosten? Die Frage ist berechtigt, immerhin schlägt die Bundesregierung in ihrer „Nationalen Wasserstrategie“ vor, ein bundesweit einheitliches Wasserentnahmeentgelt für Unternehmen einzuführen.

Wie viel kostet ein Kubikmeter Wasser für die Industrie?

Bislang zahlen diese in Bayern, Hessen und Thüringen gar nichts für Wasser, das sie mit eigenen Brunnen aus dem Untergrund fördern oder aus Flüssen und Seen entnehmen. In Thüringen gibt es nicht mal eine Rechtsgrundlage, die Nutzer von Grundwasser verpflichtet, den Behörden eine Entnahme anzuzeigen. Allerdings diskutiert Hessen derzeit über die Einführung eines Wasserentnahmeentgeltes. Dem bayerischen Landtag liegt seit März 2024 ein Antrag der Fraktion Bündnis90/DIE GRÜNEN vor, einen Wassercent einzuführen. Diese Abgabe in Höhe weniger Cent pro Kubikmeter Wasser zahlen Unternehmen in den übrigen Bundesländern bereits.

So entrichten sie für einen Kubikmeter Grundwasser in Rheinland-Pfalz sechs Cent, für einen Kubikmeter aus dem Rhein sind 2,4 Cent fällig. Auf dem gegenüberliegenden hessischen Ufer kostet dieser wie gesagt bislang nichts. Sachsen erhebt für einen Kubikmeter Grundwasser gemäß dem Haushaltsbegleitgesetz 2023/24 des Freistaats 5,6 Cent, für einen Kubikmeter aus der Elbe oder anderen Flüssen 1,7 Cent. Verbraucher dagegen zahlen im Freistaat bis zu 2,94 Euro für den Kubikmeter Wasser.

Behörden haben Wasserrechte sehr großzügig vergeben

Das Recht, Rohwasser aus natürlichen Vorkommen entnehmen zu dürfen, ist somit ein wichtiger, kostensenkender Standortfaktor für Unternehmen. Viele Unternehmen haben sich dieses Recht bei ihrer Ansiedlung meist auf Jahrzehnte in Wassernutzungsverträgen gesichert. „Örtliche Behörden haben sich dabei oft sehr großzügig gezeigt“, berichtet Uwe Ritzer im Interview mit dem ZDF. Ritzer beschäftigt sich als Journalist seit Jahren mit dem Thema und ist Autor des Buches Zwischen Dürre und Flut – Deutschland vor dem Wassernotstand.

Ohne Wasser läuft in der Industrie wenig

Die Betriebe brauchen Wasser zur Dampferzeugung, für Produktionsprozesse, als Grundlage von Beizen oder Aktivbädern, als Reaktionsmedium oder zur Reinigung von Maschinen und Anlagen. Die Autoindustrie benötigt es für Hydrospülmittel, mit denen sie ihre Lackierereien bei einem Wechsel der verarbeiteten Farben säubert. Lebensmittelhersteller und Molkereien haben einen hohen Bedarf, weil sie alle Leitungen und Milchtanks ihrer Lieferfahrzeuge täglich spülen müssen. Für Brauereien und Produzenten von Getränken wiederum ist Wasser der mengenmäßig bedeutendste Rohstoff. Betreiber von Rechenzentren und Energieversorger benötigen Wasser schließlich zur Kühlung ihrer Serverräume und Kraftwerke.

Versorger und Chemiewerke sind die größten Wasserschlucker

Energieversorger sind dabei die größten Wasserschlucker. Sie zapfen 53 Prozent des gesamten in Deutschland verbrauchten Wassers, so das Statistische Bundesamt. Der Bedarf des verarbeitenden Gewerbes sowie des Berg- und Tagebaus ist dagegen mit einem Anteil von 24 Prozent nicht mal halb so groß. In die öffentliche Wasserversorgung fließt etwa eben so viel der Ressource. Ihr Anteil am Wasserverbrauch beträgt knapp 22 Prozent.

In der Industrie wiederum ist die Chemie mit einem Anteil von 58 Prozent die wasserhungrigste Branche. Kein deutsches Unternehmen verbraucht mehr Wasser als BASF. Der Konzern aus Ludwigshafen nutzt Recherchen des Journalisten-Kollektivs CORRECTIV zufolge jedes Jahr 20 Millionen Kubikmeter Grund- und 1,2 Milliarden Kubikmeter Wasser aus dem Rhein.

Auch in anderen Bundesländern führen Chemieunternehmen wie Evonik, Grace, Solvay oder Höchst die Liste der größten Verbraucher an. Der Industriepark in Frankfurt Höchst entnimmt daher jedes Jahr 66 Millionen Kubikmeter Wasser aus dem Main. Das sind 43 Prozent mehr Wasser als die Bürger Frankfurts als Trinkwasser,  beim Duschen und Kochen verbrauchen.

An zweiter Stelle der Branchen mit dem größten Wasserverbrauch folgen die Nahrungsmittel- und Metallindustrie mit einem Anteil von je zehn Prozent, so Zahlen des Bundesverbands der Deutschen Industrie.

An einzelnen Standorten hat auch die Halbleiterindustrie einen gewaltigen Bedarf. In Dresden etwa fliest bis zur Hälfte des in der sächsischen Hauptstadt genutzten Wassers durch Leitungen und Hähne bei Bosch, Globalfoundries und Infineon. Kommt künftig noch TSMC hinzu, wird sich die Nachfrage nach Industriewasser wenigstens verdoppeln, erwartet der Versorger Sachsen Energie. Wenn Intel die zwei in Magdeburg geplanten Chip-Werke baut, wird der US-Konzern auch dort jedes Jahr 6,5 Millionen Kubikmeter Wasser benötigen. Das entspricht der Hälfte des heutigen Verbrauchs der sachsen-anhaltinischen Landeshauptstadt.

Wo gewinnen die Versorger am meisten Wasser?

Karte Deutschland und Bundesländer mit der jeweiligen Wassergewinnung im Bundesland
Wo gewinnen die Versorger das meiste Wasser? NRW und Bayern liegen deutschlandweit vorne. (Bild: TECHNIK+EINKAUF mit Daten des BDEW)

Zwei von drei Gewässern leiden unter der Wassernutzung durch die Industrie

Dass sie für ihren gewaltigen Verbrauch an Grund- und Oberflächenwasser kaum etwas zahlen müssen, begründen Landesregierungen und ihre Wasserämter meist damit, dass die Betriebe das entnommene Wasser nach der Nutzung reinigen und wieder in den natürlichen Kreislauf zurückführen. In Rheinland-Pfalz zahlen Unternehmen daher nur 0,9 Cent pro Kubikmeter Wasser, wenn sie mit diesen nur ihre Anlagen kühlen und es danach wieder in ein Gewässer einleiten.

Das Argument jedoch sticht nicht mehr. Wie der Bund Umwelt und Naturschutz berichtet, bleibt die Wassernutzung durch die Industrie in 67 Prozent der Gewässer nicht ohne Folgen. Auch die bisherige Umsetzung der seit dem Jahr 2000 geltenden Europäischen Wasserrahmenrichtlinie fällt ernüchternd aus. Sie verpflichtet Deutschland, in allen Gewässern bis spätestens 2027 einen „guten“ ökologischen und chemischen Zustand herzustellen. Aktuell befinden sich aber nur acht Prozent der Bäche, Flüsse und Seen in einem solchen.

In Deutschland sind zuletzt zehn Milliarden Tonnen Wasser verloren gegangen

Wasser wird bei der Nutzung zudem nicht nur verschmutzt. Es verdunstet auch. Das reicht allerdings nicht, um zu erklären weshalb, das Volumen des Gesamtwasserspeichers in Deutschland 2023 zehn Milliarden Tonnen kleiner war als im langjährigen Mittel. Das haben Forscher des Geoforschungszentrums in Potsdam errechnet. Dieser Verlust entspricht einem Fünftel des Wassers im Bodensee. Der Gesamtwasserspeicher umfasst neben dem Grundwasser das in Bodenfeuchte, Eis und Schnee gebundene Wasser, sowie jenes in Seen und Flüssen. Ursache für den Verlust seien bereits längere Zeit zurückliegende Dürren, so die Potsdamer Forscher.

Grundwasser entsteht indem Niederschläge, Nebel und Tau oder Wasser aus Flüssen und Seen so tief im Boden versickern, bis sie eine wasserundurchlässige Schicht erreichen. Wie viel Grundwasser sich bildet, hängt also wesentlich von der Menge der Niederschläge in einem bestimmten Zeitraum ab.

Sind schwankende Grundwasserstände wirklich normal?

Diese waren in den zwölf Monaten vor dem Sommer 2024 so üppig wie noch nie seit Beginn der Wetteraufzeichnungen. Dadurch sind auch die Grundwasserstände wieder deutlich gestiegen. Allerdings nicht überall in Deutschland im gleichen Maß. In Brandenburg und Sachsen waren sie Mitte 2024 noch immer sehr niedrig.

Allerdings sind schwankende Grundwasserstände hydrologisch vollkommen normal. Ob und wie schnell sie sich nach Dürren künftig wieder erholen, ist aber ungewiss. Denn zum einen ist unklar, wann es wieder ein solch regenreiches Jahr wie 2024 gibt. Zum anderen wird durch den Anstieg der durchschnittlichen Lufttemperaturen im Zuge der Erderwärmung künftig mehr Wasser verdunsten, bevor es den Boden erreicht und in diesem versickert. Wissenschaftler des Karlsruher Instituts für Technologie und der Bundesanstalt für Geowissenschaften prognostizieren daher in einer Studie, dass die Grundwasserspiegel in Deutschland in den kommenden Jahren zwischen zehn und 60 Zentimetern sinken werden. Besonders heftig würden die Rückgänge in Nord- und Ostdeutschland sein, so die Forscher.

Frankreich bekommt Probleme mit der Kühlung seiner Meiler

Doch auch andernorts schadet in Anbetracht der sinkenden Grundwasserpegel sowie der immer unberechenbareren Regenmengen jeder dem Standortfaktor Wasser, wenn er dieses im Übermaß aus dem Untergrund oder Gewässern entnimmt. Dabei kann Deutschland im internationalen Vergleich heute noch mit der Verfügbarkeit der Ressource punkten.

In Frankreich dagegen, dem für deutsche Unternehmen weltweit zweitwichtigsten Exportmarkt nach den USA, ist der Wasserstress bereits so groß, dass in niederschlagsarmen Jahren Atomkraftwerke die Stromerzeugung drosseln und Fabriken ihre Produktion herunterfahren müssen. Zuletzt hatten die Meiler im Hitzesommer 2022 nicht mehr genug Kühlwasser, weil Flüsse wie Rhone, Loire oder Seine nicht mehr genug davon führten. Es aus dem Grundwasser zunehmen war keine Alternative. Denn vielerorts sind Aquifere in Frankreich so weit entleert, dass sich das von ihnen geführte Grundwasser nicht mehr auf natürliche Weise erholt.

Wasserknappheit in China könnte die Weltwirtschaft kollabieren lassen

In China wiederum sind in den vergangenen 25 Jahren über 28.000 Wasserläufe vertrocknet, weil nicht genug Regen fiel. Durch die Übernutzung im Zuge der industriellen Entwicklung der Volksrepublik sinkt der Grundwasserspiegel in ihren nördlichen Landesteilen um bis zu drei Meter pro Jahr. Wie das australische Lowy Institute berichtet, ist die Hälfte des verbliebenen Grundwassers zudem so verschmutzt, dass es sich nicht mal mehr in der Industrie nutzen lässt. Für Unternehmen war es jahrelange billiger, gegebenenfalls Ordnungsgelder zu zahlen, als genutztes Wasser aufzubereiten, bevor sie es wieder in die Natur einleiteten.

Die Wasserknappheit in der Volksrepublik hat der National Intelligence Council der USA daher schon 2012 als eines der weltweit größten Sicherheitsrisiken bewertet und davor gewarnt, dass eine Wasserkrise in China eines Tages die Weltwirtschaft an den Rand des Zusammenbruchs bringen könnte, weil die Versorgung der Bevölkerung für die chinesische Regierung dann Vorrang vor dem Bedarf der Industrie hätte.

Deutschland ist dagegen weit davon entfernt, Unternehmen nicht ausreichend mit Wasser versorgen zu können. Wenn eine Investition wie jene von Google in ein neues Rechenzentrum in Neuenhagen in Brandenburg wegen Wassermangels platzt, ist dass eine seltene Ausnahme. Der US-Konzern wollte dort 2021 ein Rechenzentrum bauen. Das scheiterte aber am Veto des lokalen Wasserverbands Strausberg-Erkner. Dieser sah sich nicht in der Lage die benötigten 1,3 Millionen Kubikmeter Wasser im Jahr zu liefern.

Was bringt Deutschlands Nationale Wasserstrategie?

Hätte es die Nationale Wasserstrategie der Bundesregierung damals schon gegeben, hätte sie daran wohl kaum etwas geändert. Auch ein bundesweit einheitliches Wasserentnahmeentgelt könnte an einzelnen Standorten nicht mehr Wasser verfügbar machen. Es könnte Unternehmen aber motivieren, sparsam mit der Ressource umzugehen und die verfügbaren Ressourcen so möglichst lange zu erhalten.

Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, das Saarland und Sachsen planen daher derzeit ihre Wasserentnahmeentgelte zu erhöhen. In Bayern und Hessen würde dies zwangsläufig passieren, wenn Betriebe dort künftig überhaupt etwas für aus dem Grundwasser oder Gewässern entnommene Mengen zahlen müssten. Wann und ob das überhaupt passiert, ist jedoch unklar.

Die Nationale Wasserstrategie ist kein konkretes Maßnahmenpaket, sondern eine eher unverbindliche „Wunschliste“, wie Fachmann Uwe Ritzer es nennt. Sie kann nicht mal ihr wichtigstes Anliegen wirklich voranbringen. Dieses ist wie Bundesumweltministerin Steffi Lemke feststellt, „jederzeit sauberes Trinkwasser für alle zur Verfügung zu stellen.“ Selbst diese Zielsetzung müsste in der vorliegenden Strategie jedoch „noch deutlicher und klarer herausgearbeitet werden“, fordert der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. Dass der Wasserpreis bald zu einem Standortfaktor wie die Energiekosten wird, müssen Unternehmen also wohl kaum befürchten.

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