Stahl gießen

Die Stahlherstellung ist ein kosten- und energieintensiver Prozess. Wie kann der Einkauf diesen positiv beeinflussen? (Bild: mehmetcan - stock.adobe.com)

Bei der SHS-Stahl-Holding-Saar ist der Einkauf durch das Lieferkettengesetz und die Energiewende zum Kompetenzzentrum für die nachhaltige Transformation des Unternehmens geworden. Um diese Aufgabe erfüllen zu können, digitalisiert und bündelt er seine Prozesse auf einer Einkaufsplattform.

Ein Gespräch mit Alexander Buß, dem Leiter der Abteilung für „Prozesse, Performance und Nachhaltigkeit“ im indirekten Einkauf der SHS und Sascha Riemenschneider, dem Abteilungsleiter „Allgemeine Leistungen und Materialien“ im indirekten Einkauf.

Alexander Buß, Einkaufsexperte bei Saarstahl
Alexander Buß. (Bild: SHS)

TECHNIK+EINKAUF: Die SHS will 2030 rund 55 Prozent weniger CO2 ausstoßen. In den vergangenen 15 Jahren haben Sie etwa 700 Millionen Euro in Energieeffizienz und Umweltschutz investiert. Wie wirkt sich diese Transformation im Einkauf aus?

Alexander Buß: Als wir analysiert haben, vor welche Herausforderungen uns die Energiewende aber auch das Lieferkettengesetz stellen, wurde eines schnell klar: Allem voran, müssen wir sichtbar machen, wie nachhaltig unsere Lieferkette ist.

Warum ist das so wichtig?

Buß: Zum einen, weil unsere Kunden von uns Stahl erwarten, der nachweislich nachhaltig und klimaschonend hergestellt wurde. Sie müssen das Lieferkettengesetz genauso erfüllen wie wir und wollen ebenfalls klimaneutral werden. Dass wir dafür der richtige Partner sind, wollen wir anhand unserer eigenen möglichst transparenten Lieferkette belegen können. Zum anderen weil wir als Einkauf das Einfallstor sind, durch das Themen wie Nachhaltigkeit, die geopolitische Unsicherheit und ihre Auswirkung auf die Lieferkettensicherheit ins Unternehmen kommen.

Weshalb?

Buß: Weil wir die Kontakte zu den Lieferanten haben und damit an der Quelle der Daten sitzen, die das Unternehmen braucht, um die genannten Aufgaben und damit seinen Transformationsprozess zu bewältigen. Wir verstehen auch, wie wir die Informationen, die relevant sind, auswählen und interpretieren müssen. Als Einkäufer werden wir dadurch für alle Themen rund um eine nachhaltige Lieferkette immer mehr zum zentralen Ansprechpartner im Unternehmen.

Der Einkauf wird bei der SHS also zum Kompetenzzentrum des nachhaltigen Transformationsprozesses?

Buß: In gewisser Weise. Als Einkäufer sind wir Experten für die Regulatorik der Lieferkette und deren nachhaltige Ausgestaltung.

Sascha Riemenschneider: Die Informationen, die wir im Einkauf haben, sind für unsere Transformation zentral. Da wir für die Dekarbonisierung unserer Produktion Fördergelder bekommen, müssen wir garantieren können, dass wir die Auflagen erfüllen, zu deren Einhaltung wir uns im Gegenzug für die Förderung verpflichtet haben. Wenn wir unbewusst und ungewollt gegen regulatorische Vorgaben verstoßen und die Gelder nicht bekämen, würde dies sich negativ auf unseren Transformationsprozess auswirken.

Wie haben Sie den Einkauf auf diese Aufgaben vorbereitet?

Riemenschneider: Zunächst haben wir den Einkauf in drei große Bereiche gegliedert – den direkten Einkauf, in dem wir die für unsere Produktion benötigten Materialien wie Erze beschaffen, den indirekten Einkauf, und die Abteilung „Green Steel“-Einkauf. Sie beschafft unter anderem die neuen Anlagen, die wir für die Dekarbonisierung der Stahlerzeugung brauchen.

Buß: Außerdem digitalisieren wir unsere Prozesse kontinuierlich und führen die Einkaufsplattform von Ivalua ein, um unsere Lieferkette möglichst transparent abbilden und operative Beschaffungsvorgänge so weit wie möglich automatisieren zu können.

Sascha Riemenschneider, Einkaufsexperte Saarstahl
Sascha Riemenschneider. (Bild: SHS)

So ein Wandel stößt in einem Unternehmen mit 13.000 Mitarbeiter bestimmt nicht nur auf Gegenliebe. Wie sorgen Sie dafür, dass Ihre Kollegen bei der Digitalisierung mitmachen?

Riemenschneider: Zunächst, sind die Mitarbeiter ja nicht alle mit Einkaufsaufgaben befasst. Mit dem neuen Tool sollen nur rund 2.000 Kollegen arbeiten.

So viele?

Riemenschneider: Ja, wir wollen, dass alle Bedarfsträger die Plattform nutzen. Letztlich wollen wir auf ihr den gesamten Bedarf der SHS bündeln, um besser verhandeln zu können und mehr Transparenz in unserer Beschaffung zu gewinnen, indem wir sie weniger komplex machen. Bislang kaufen einige Betriebsstätten und Tochtergesellschaften noch eigenständig ein.

Damit das klappt, ist es doch noch viel entscheidender, dass Sie, die Kollegen bei dem digitalen Wandel mitnehmen?

Buß: Ja. Deshalb informieren wir vor allem die Einkäufer zum einen alle zwei Wochen über den Stand der Einführung der Plattform. Zum anderen haben wir Key User gewonnen, die schon bei der Implementierung dabei sind und bereits jetzt ein Gefühl für die Arbeit mit dem neuen Tool gewinnen. So können sie uns Feedback geben und ihre Erfahrungen mit den Kollegen teilen, mit denen sie direkt zusammenarbeiten. So versuchen wir, eine positive Erwartungshaltung für den Tag zu schaffen, an dem alle Bedarfsträger das Tool nutzen können.

Wo sehen Sie den größten Nutzen einer Einkaufsplattform für Ihre Kollegen?

Riemenschneider: In der Zeit, die sie durch die Arbeit mit ihr gewinnen. Bislang ist vor allem das Management von C-Teilen ein Zeitfresser. Allerdings ließe sich diese Fleißarbeit automatisieren. Die Kollegen würden dadurch so entlastet, dass sie Auswahlprozesse und Verhandlungen besser vorbereiten können.

Buß: Sie werden dadurch mehr Zeit haben, Einkaufsstrategien zu entwickeln, zu planen und umzusetzen. Das ist wichtig, um die Chancen nutzen zu können, die die Dekarbonisierung der SHS bietet. Durch den Einsatz digitaler Tools können wir als Einkauf also einen erheblichen Mehrwert für das Unternehmen generieren.

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