Meeting und Verhandlung mit Indern

Bei Verhandlungen in Indien müssen Einkäufer einiges beachten. (Bild: StockImageFactory/AdobeStock)

„Wir denken englisch und handeln indisch“, so soll es R. Gopalakrishnan, Geschäftsführer zahlreicher Tata-Firmen, einmal auf den Punkt gebracht haben. Soll heißen: Durch die britische Kolonialzeit ist Indien vermutlich das am westlichsten geprägte Land Asiens. Dabei sollten Einkäufer weder den Fehler machen, britische Verhandlungregeln vorauszusetzen, noch alle Inder über einen Kamm zu scheren, denn die mehr als eine Milliarde Menschen sind höchst unterschiedlich. Daher sollten Sie sich vor Ihrem Besuch vor Ort, genau über den jeweiligen Landesteil informieren, denn Tamilen und Hindus sind so unterschiedlich wie Deutsche und Süditaliener. Nichtsdestotrotz gibt es einige grundlegende Regeln für das geschäftliche Miteinander von indischen Zulieferern und deutschen Einkäufern sowie Dos und Don’ts.

Wie begrüßt man sich in Indien?

Wie hierzulande ist auch in Indien der Handschlag zur Begrüßung üblich. Aber Vorsicht: Ein zu fester Händedruck gilt als unhöflich. Den traditionellen Namaste-Gruß, bei dem die Handflächen auf Brusthöhe aneinandergelegt werden und der Kopf leicht gesenkt wird, wird im Geschäftsleben nicht erwartet.

Übrigens nimmt man es in der Regel mit der Pünktlichkeit nicht so genau. Die Indian Standard Time wird daher umgangssprachlich auch gerne „Indian Stretching Time“ genannt. Allerdings sollten Sie selbst zu Verabredungen immer pünktlich erscheinen. Erstens wird das von westlichen Geschäftspartnern erwartet und zweitens versuchen sich indische Partner so gut es geht, dem anzupassen.

Welche Anrede sollte man wählen?

Als ehemalige britische Kolonie können Sie mit dem förmlichen Mister bzw. Misses nichts falsch machen. Nicht selten gehen die Beteiligten später zu den Vornamen über. Bieten Sie dies aber nicht von sich aus an.

Visitenkarten sind übrigens auch in Indien gerne gesehen, nur sollten Sie bei der Übergabe beachten, sie mit der rechten Hand zu übergeben. Die linke gilt als unrein. Erhalten Sie vom Gegenüber eine Karte, studieren Sie sie genau und stecken sie nicht sofort achtlos weg.

Dresscode – was sollten Einkäufer in Indien tragen?

In Sachen Bekleidung gilt: Je förmlicher der Termin, desto eher Anzug- und Krawattenpflicht – beim ersten Treffen sowieso. Später, wenn sich gute Geschäftsbeziehungen etabliert haben, können Sie auch zu Hemd und Stoffhose (keine Jeans!) übergehen.

Frauen sind bei Verhandlungen mit einem konservativen Kostüm oder Hosenanzug am besten beraten.

Hierarchien – Wer hat das Sagen in Verhandlungen?

Indische Unternehmen werden sehr hierarchisch geführt. Das heißt, es herrscht ein strenger Top-Down-Führungsstil. Entscheidungen werden von der Unternehmensleitung getroffen und an die jeweils Verantwortlichen kommuniziert. Diese wiederum geben die einzelnen Aufgaben an ihre Mitarbeiter weiter und ordnen an, was getan werden muss.

Im Gegenzug erwarten Angestellte von den Führungskräften klare Anweisungen und stellen diese auch nicht in Frage. Eine Feedback-Kultur wie hierzulande sollten Sie also nicht erwarten. Auch gibt es Jobbeschreibungen mit fixen Aufgaben, über die hinaus der Mitarbeiter nicht bereit ist, tätig zu werden.

Für Einkäufer heißt dies: Sie sollten auf jeden Fall mit demjenigen Ansprechpartner verhandeln, der auch dazu ermächtigt ist. Sonst ist ein sorgfältig vorbereitetes Treffen unter Umständen für die Katz’.

Was müssen Einkäufer bei Geschäftsessen beachten?

Geschäftliche Essen sind ein wichtiger Anlass, um persönliche Beziehungen zu knüpfen oder zu stärken. Lehnen Sie also nie eine Einladung zu einem Essen ab, auch wenn andere Termine anstehen. Sie werden feststellen: Geschäftsessen heißen in Indien nur so, denn über Geschäftliches wird weniger gesprochen.

Beim Essen ist es ratsam, sich bescheiden zu geben und zurückzuhalten. Essen Sie jedoch genug, denn alles andere würde Ihr Gastgeber als Beleidigung auffassen. Gleich ob in privatem Rahmen oder in einem Restaurant: Beginnen Sie jedoch nicht mit dem Essen, ohne dass der Gastgeber Sie dazu auffordert.

Inder haben – zumindest bei privaten Einlaudungen – eine eigene Art zu essen: Das zum Essen gereichte Brot wird wie eine kleine Schaufel benutzt und mitgegessen. Wichtig: Tauchen Sie angebissenes Brot nie in die für alle bestimmten Schälchen.

Bei geschäftlichen Essen sind Messer und Gabel dagegen üblich. Da es in Indien – je nach Region – unterschiedliche religiöse Regeln bei den Speisen gibt, sind Sie mit vegetarischen Gerichten übrigens immer auf der sicheren Seite.

Familiy first – Smalltalk auf indisch

Geschäftssprache ist Englisch, wer ein paar Sätze Hindi beherrscht, kann aber punkten. Allerdings nur im Norden, im Süden machen Sie sich damit nicht wirklich beliebt.

Was die Gesprächsthemen betrifft: Familie und Verwandtschaft spielen nicht nur im indischen Privatleben, sondern auch in der Geschäftswelt eine große Rolle. Einer Studie von Credit Suisse befinden sich zwei Drittel der börsennotierten Unternehmen in Indien immer noch im Besitz und unter Führung von Familien – meist der jeweiligen Gründerfamilie. Diese hat ein nicht zu unterschätzendes Mitspracherecht bei geschäftlichen Entscheidungen.

Aber auch in Verhandlungen und Meetings erzählen indische Businesspartner gerne ausschweifend von ihren Familienangehörigen. Nicht wundern: Sie fragen ebenso direkt wie neugierig nach dem familiären und oft auch religiösen Hintergrund des ausländischen Gastes. Das sollte Sie  nicht irritieren: Antworten Sie freundlich und diplomatisch auf solche privaten Fragen.

Indischer Geschäftsmann mit Handy im Tuktuk
Inder gehören zum polychronen Kulturkreis, es zählt also mehr der Mensch, weniger das abgeschlossene Ziel. (Bild: moodboard/AdobeStock)

Polychrone Kultur – Inder sind gute Krisenmanager

Machen Sie sich darauf gefasst, dass indische Meetings nicht den gleichen Regeln folgen wie die mittel- und nordeuropäischer sowie angelsächsischer Geschäftspartner. Experten zählen Indien nämlich zum polychronen Kulturkreis: Zeit ist dabei unbegrenzt vorhanden, an sie muss sich der Mensch nicht anpassen. Beziehungen stehen dabei an erster Stelle, Deadlines und Pünktlichkeit werden flexibel gehandhabt.

Das heißt in der Praxis, dass eine Tagesordnung fehlen kann und Ihre Gesprächspartner mehrere Ziele (und Handlungen) gleichzeitig verfolgen können. Beispielsweise diskutieren sie gleichzeitig mehrere Themen in assoziativer Verkettung. Diese Flexibilität versetzt Inder jedoch gleichzeitig in die Lage, sich schnell auf neue oder veränderte Situationen einzustellen. Das macht sie zu effizienten Krisenmanagern.

Auf die Körpersprache achten!

Indien ist kein Land der Nein-Sager, das würde fast einer Ohrfeige entsprechen. Vielmehr zeigt man zeigt sich freundlich, hilfsbereit und auch gehorsam gegenüber Gästen. Achten Sie also ein bisschen deutlicher auf die Körpersprache als Sie es sonst vielleicht tun würden, es gibt nämlich einige indische Spezialitäten.

Das typische „Kopfrollen“, eine zwischen den Schultern pendelnde Bewegung, ist mitnichten eine skeptische Geste. Vielmehr bekundet das Gegenüber damit Zustimmung. Im Gegenzug wirkt das mimische „Nein“ für Europäer wie ein „Ja“: Ein kurzes Zucken des Kopfes deutet die Verneinung an, manchmal wird auch mit der Zunge geschnalzt.

Das sind die absoluten No-Gos

  • Berühren Sie Ihr Gegenüber nie mit den Füßen!
  • Tätscheln Sie Kinder nie am Kopf!
  • Zeigen Sie nicht mit dem Finger auf andere Menschen, es degradiert denjenigen. Nutzen Sie stattdessen die ganze rechte Hand.
  • Nutzen Sie zum Anreichen von Gegenständen nur die rechte Hand, die Linke dient der Körperpflege und gilt als unrein.
  • Nennen Sie die Hauptstadt Indiens nicht Bombay sondern Mumbai.

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