Bei der Beschaffung von Investitionsgütern sollte der Einkauf frühzeitig für die Planung und Organisation eingebunden werden. Einkäufer sind es gewohnt, abteilungs- und prozessübergreifend zu denken, mögliche Risiken zu identifizieren und rechtzeitig gegenzusteuern.

Bei der Beschaffung von Investitionsgütern sollte der Einkauf frühzeitig für die Planung und Organisation eingebunden werden. Einkäufer sind es gewohnt, abteilungs- und prozessübergreifend zu denken, mögliche Risiken zu identifizieren und rechtzeitig gegenzusteuern. (Bild: elnur - stock.adobe.com)

CAPEX (Capital Expenditure) gehört aufgrund der hohen Tragweite von Entscheidungen, der hohen finanziellen Belastung sowie der Vielzahl an Prozessbeteiligten in den Projekten zu den Königsdisziplinen im Einkauf. Im Bereich des CAPEX-Einkaufs können Fehler kostspielige Konsequenzen haben.

Die folgende Übersicht der sieben größten Fehler stützt sich auf umfangreiche Recherchen, Gespräche mit Branchen-insidern und tiefgehende Analysen. Sie treten unabhängig von der Erfahrung von Einkäufern auf. Ziel ist es, diese Fehler zu identifizieren, zu vermeiden und im besten Fall, um die Effizienz und das Ansehen des Einkaufs zu verbessern.

Die sieben größten Fehler im CAPEX-Einkauf

  1. Unterlassene Marktforschung
  2. Fehlendes Kostenverständnis
  3. Missachtung der drei wichtigsten Erfolgsgaranten
  4. Falsches Mindset
  5. Schlechte Verträge
  6. Unterschätzung des Netzwerks
  7. Zu kurz gedacht

Vermeiden der sieben größten Fehler

Alternativen zu erzwingen ist die Kernaufgabe des Einkaufs und führt zu besseren Verhandlungsergebnissen. Naivität ist hingegen ein schlechter Ratgeber. Bekannte Statements interner Stakeholder wie: „Die technischen Anforderungen sind so speziell, das kann nur dieser eine Lieferant“, „Wir haben schon zig Anlagen von diesem Lieferanten“, oder „Wir haben weder die Zeit noch Ressourcen, uns mit Optionen zu beschäftigen“, sollten nicht akzeptiert werden.
Das Verlassen auf einen kleinen Kreis bekannter Lieferanten, ohne den Markt nach alternativen und möglicherweise vorteilhafteren Optionen zu erkunden, hat auf Dauer schwere Folgen. Dieses Vorgehen verhindert die Chance, geringere Kosten, bessere Qualität, mehr Innovationen zu realisieren und auch, das Ansehen des indirekten Einkaufs zu steigern. Es gibt immer Alternativen. Die Bedarfsträger zu challengen ist eine nie endende Aufgabe des Einkaufs.

"Schlechte Entscheidungen am Anfang führen zu hohen Aufwendungen bei der ‚Heilung‘ in der späteren Projektphase."

 

Mangelhaftes Kostenverständnis führt zu schlechten Entscheidungen. Ohne die klare Kenntnis der Total Cost of Ownership (TCO), das heißt der Anschaffungskosten, zuzüglich der dauerhaften Kosten im Betrieb, fehlt die Basis, um überhaupt eine gute Vergabeentscheidung treffen zu können. Schlechte Entscheidungen am Anfang führen bekanntlich zu hohen Aufwendungen bei der „Heilung“ in der späteren Projektphase.
In produzierenden Unternehmen beträgt die Nutzungsdauer selten weniger als zehn Jahre, oftmals 15, 20 Jahre und mehr. So ist auch die Gesamtschau der finanziellen Belastung zu bewerten und dadurch ergibt sich nicht selten ein anderes Bild als die reine Betrachtung des Kaufpreises allein. Schließlich ist der Einkauf entscheidend für die wirtschaftliche Entscheidungsfindung verantwortlich.

Die drei wichtigsten Erfolgsgaranten im CAPEX-Einkauf

Es gibt viele Faktoren, die für den Erfolg eines Projekts von Bedeutung sind. Doch was sind eigentlich die wichtigsten Erfolgsgaranten im CAPEX-Einkauf? Stehen die Sterne für Zeit, Spezifikation und Wettbewerb günstig, so sind die Grundvoraussetzungen für eine erfolgreiche Beschaffung gegeben.

  • Wenn ausreichend Zeit für eine gute Vorbereitung, Marktanalyse, Verhandlungsrunden usw. vorhanden ist, kann der Einkauf sein Potenzial voll ausschöpfen. Wenn der Lieferant hingegeben merkt, dass sein Gegenüber unter Zeitdruck steht, so kann dieser die Situation für sich nutzen, was zu einem schlechteren Verhandlungsergebnis führt.
  • Ein häufiger Fehler ist, dass in der Spezifikation nicht nur beschrieben wird, welches Problem zu lösen ist, sondern, dass der Lösungsweg gleich mitgeliefert wird. Im ungünstigsten Fall haben Lieferanten ihre Beziehungen zu den internen Bedarfsträgern oder der Engineering-Abteilung schon so genutzt, dass sie an der Spezifikation selbst mitgewirkt haben.
  • Der Wettbewerb sorgt für bessere Vergleichbarkeit und erfordert mehr Anstrengungen durch die potenziellen Auftragnehmer, eine Bestellung zu erhalten, was auf die Ziele Savings und den Termin einzahlt.

"Eine frühzeitige Einbindung darf nicht als Bringschuld der anderen Abteilungen gesehen werden, sondern ist als eigene Holschuld zu verstehen."

Das Erreichen von Zielen bei der Beschaffung von Investitionsgütern ist stets abhängig vom Mindset der handelnden Personen im CAPEX-Einkauf. Jegliche Haltung von „Dienst nach Vorschrift“ ist pures Gift für den Erfolg. Die frühzeitige Einbindung darf nicht als Bringschuld der anderen Abteilungen gesehen werden, sondern sollte vielmehr als eigene Holschuld verstanden werden. In keiner Stellenbeschreibung findet sich diese Anforderung, obwohl sie für den Erfolg elementar ist, gerade im CAPEX-Einkauf. Mindset in diesem Kontext bedeutet, sich regelmäßig selbst zu fragen: Will ich Profi sein oder Amateur?

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Die Bedeutung eines funktionierenden Netzwerkes sollte nicht unterschätzt werden. Dies hilft allerdings nur dann, wenn dies stets intern sowie extern gepflegt und vor allem genutzt wird. Der Einkaufsprozess darf nicht isoliert betrachtet werden. Das oft zitierte Silodenken führt sicher nicht zum Erfolg. Vielmehr sind rege Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen den beteiligten Abteilungen ein Faktor für erfolgreiche Projekte, so dass die besten Ergebnisse erzielt werden und der Einkauf Informationen rechtzeitig und umfassend erhält. Gute Beziehungen zu strategischen Lieferanten und Verknüpfungen zu potenziellen (Sub-) Lieferanten sind ein weiteres wichtiges Puzzleteil. Dort sind ungeahnt viele Informationen über die eigene Organisation und Projekte zu holen. Ein gutes Netzwerk, intern wie extern, ermöglicht schließlich, einen echten Beitrag zu leisten und damit die Einkaufsziele zu erreichen.

Einhaltung von Termin- und Kostenzielen während der Projektumsetzung

Ein gut ausgearbeiteter Vertrag schützt vor Missverständnissen und Konflikten. Klare Konditionen, Performance-Indikatoren, Eskalationswege und Verabredungen für Leistungsänderungen wie -störungen bilden die Basis für eine erfolgreiche Zusammenarbeit.

Jeder Einkäufer sollte wissen, mit welchem Vertragswerk und welchen Templates er für welche Investitionsart ins Rennen geht. Bauleistungen, Standardmaschinen, Sonderkonstruktionen, verkettete Anlagen, Generalunternehmer vs. Einzelvergaben, etc. sind naturgemäß jeweils anders zu behandeln. In der Herstellungsphase des Investitionsguts selbst drohen diverse rechtliche Fallstricke, z.B. wenn es um Selbstvornahmen, Vor- und Endabnahmen mitsamt den Rechtsfolgen geht.

"In der Projektphase spielt die Musik. Deshalb geben Profis bis zum Schluss volle 100 Prozent."

Ein Trugschluss ist, dass nach Vertragsschluss der CAPEX-Prozess für den Einkauf abgeschlossen ist. Auch hier gilt die aktive Einbringung in das Geschehen. Der Schluss ist nicht die Bestellung oder die Vertragsunterzeichnung, sondern es geht in der Projektphase mit entscheidenden Elementen weiter. Ereignisse wie Leistungsänderungen und -störungen gehören genauso in die Obhut des Einkaufs wie die Begleitung der wesentlichen Meilensteine wie beispielsweise Vor- und Endabnahme. Profis geben bis zum Schluss immer volle 100 Prozent.

Der Einkauf gehört auf den Driver’s Seat, um Probleme frühzeitig zu erkennen und schließlich zu lösen. Es gilt der Leitsatz: je früher Einfluss genommen werden kann, desto mehr wertvolle Ressourcen werden im Nachhinein gespart. Doch die Erkenntnis über die Fehler allein genügt nicht. Wahre Professionalität erfordert konsequentes und permanentes Handeln. Vor allem aber Spaß an der Gestaltung der Beschaffung von Investitionsgütern.

Quelle: mb Consulting Partners GmbH

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