Künstliche Intelligenz im Einkauf

Wie Sprachsteuerung Beschaffungsprozesse revolutioniert

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Voice controlled Digital Shopping
Während bisher mühsame manuelle Eingaben den Arbeitsalltag prägten, ermöglicht die Integration von Large Language Models eine natürliche Kommunikation mit Einkaufssoftware.

Sprachgesteuerte KI-Systeme revolutionieren den Einkauf und machen komplexe Software-Bedienung so einfach wie ein Gespräch.

Im Einkauf gehören Fragen wie „Was kostet dieses Produkt?“ oder „Wann ist der beste Zeitpunkt für die Bestellung?“ zum Tagesgeschäft. Bislang erfolgen die Antworten meist durch manuelle Eingaben in Softwarelösungen. Doch die Zukunft hält eine Revolution bereit: Einkäufer werden direkt mit ihrer Software sprechen können. Sprachgesteuerte Technologien stehen vor einem Durchbruch, der Arbeitsprozesse im Einkauf tiefgreifend verändern könnte.

„In naher Zukunft wird die Steuerung von Software immer häufiger über natürliche Sprache erfolgen. Das wird die Nutzung sowohl alltäglicher Geräte als auch komplexer Business-Software grundlegend verändern“, sagt Bernd Heinrichs, Senior Vice President Inventory & Supply Chain bei Inform. Die Weiterentwicklung der natürlichsprachlichen Interaktion, angeführt von Technologien wie dem Advanced Voice Mode von ChatGPT, zählt in diesen Tagen zu den bedeutendsten Trends im Bereich Künstlicher Intelligenz (KI). Gerade im Einkauf birgt diese Technologie großes Potenzial: Sie macht komplexe Software zugänglicher, Prozesse effizienter und reduziert die Einstiegshürden für Anwender. „Die Sprachsteuerung wird eine zentrale Brücke zwischen Mensch und Maschine schlagen“, betont Heinrichs.

Generative KI als Gamechanger

Die Basis dieser Revolution bilden Large Language Models (LLMs) wie die GPT-Reihe von OpenAI. Diese Sprachmodelle sind darauf spezialisiert, unstrukturierte oder rhetorische Eingaben zu analysieren und in umsetzbare Antworten zu übersetzen. Sie eröffnen eine Vielzahl neuer Anwendungsmöglichkeiten, da sie Kontexte verstehen, Schlüsse ziehen und optimierte Ergebnisse liefern. Für datenintensive Branchen wie Logistik und Einkauf bedeutet dies transformative Fortschritte.

Die Kopplung von Sprachsteuerung mit bestehender Software birgt enorme Möglichkeiten. Diese Integration geht weit über einfache sprachgesteuerte Befehle hinaus.
B2B-Optimierungssoftware im Bereich Einkauf oder Logistik verarbeitet oft riesige Datenmengen, um Vorschläge zur Optimierung von Lagerhaltung, Bestellungen und Lieferketten zu liefern. Durch den Einsatz von Sprache als User Interface wird dieser Prozess nicht nur beschleunigt, sondern auch zugänglicher. Einkäufer können in natürlicher Sprache komplexe Fragen stellen und erhalten nicht nur Antworten, sondern auch Vorschläge für datenbasierte Entscheidungen. Dies steigert die Effizienz, reduziert Fehler und minimiert die Hürden bei der Bedienung anspruchsvoller Software.

Status quo: Einsatz generativer KI in der Logistik

Eine aktuelle Studie von Inform zeigt, dass der Einsatz generativer KI in der Logistik noch in den Anfängen steckt. Nur 16 Prozent der befragten Fach- und Führungskräfte aus Logistik und Supply Chain Management unterschiedlicher Branchen nutzen generative KI, jedoch sehen 39 Prozent ein enormes Potenzial für nachhaltige Veränderungen.
„Die geringe Verbreitung zeigt, dass viele Unternehmen noch zögern, obwohl die Möglichkeiten, die diese Technologie bietet, enorm sind“, so Heinrichs. Ein zentraler Grund dafür ist die Komplexität der Implementierung. Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, bestehende Systeme mit neuen Technologien zu verbinden. Dennoch erwarten Experten, dass sich die Nutzung in den kommenden Jahren stark ausweiten wird.

Durch die Integration von Sprachmodellen wird in Zukunft der Zugang zur Prozesssteuerung deutlich vereinfacht. Benutzer könnten dann Fragen stellen oder Befehle geben wie: „Wie hoch ist der aktuelle Lagerbestand unserer Hauptlieferanten?“ oder „Kann ich die Bestellmengen für Produkt X optimieren, um Engpässe zu vermeiden?“. Die KI versteht nicht nur, sondern schlägt auch Maßnahmen und Handlungen vor, führt bei Bedarf Änderungen aus und klärt Unklarheiten durch Rückfragen, um präzise Ergebnisse sicherzustellen und den Anwender optimal zu unterstützen.

Zukunftsszenario: Ein Beispiel aus der Praxis

Ein Einkäufer fragt: „Wie kann ich die Lagerkosten für das kommende Quartal optimieren, wenn die Nachfrage nach Produkt X um 20 Prozent steigt?“

Die KI antwortet: „Basierend auf den historischen Daten der letzten drei Jahre und den aktuellen Marktdaten prognostiziere ich, dass die Nachfrage nach Produkt X in den nächsten Monaten voraussichtlich um 18 bis 22 Prozent steigt. Um die Lagerkosten zu optimieren, schlage ich vor, die Lieferfrequenz zu erhöhen, sodass kleinere Mengen häufiger geliefert werden. Dies reduziert die Lagerhaltungskosten, ohne die Lieferfähigkeit zu gefährden.“

Zusätzlich liefert die KI wichtige Zusatzinformationen: „Ich habe eine Analyse der Lieferanten durchgeführt und festgestellt, dass Lieferant Y bei einer Lieferfrequenz von zwei Wochen die günstigsten Konditionen bietet. Möchten Sie, dass ich ein Angebot anfordere und gleichzeitig die bestehenden Bestellmengen entsprechend anpasse?“

Falls der Einkäufer nachhakt: „Welche Risiken sind damit verbunden?“ Die KI erklärt: „Ein potenzielles Risiko besteht in Lieferverzögerungen. Ich kann jedoch automatische Überwachungsparameter einrichten, um Verzögerungen in Echtzeit zu erkennen und alternative Lieferanten vorzuschlagen. Soll ich das implementieren?“

Der Einkäufer antwortet: „Ja, bitte implementiere die Überwachung und fordere das Angebot von Lieferant Y an. Gleichzeitig können wir die neuen Bestellmengen testen und bei Bedarf im nächsten Monat anpassen.“

Automatisierte Einkaufsprozesse: Effizienz auf Ansage

Die Vorteile dieser Technologie liegen auf der Hand: weniger manuelle Eingaben, schnellere Ergebnisse und eine deutlich höhere Effizienz. Einkäufer gewinnen Freiräume für strategische Aufgaben, während Routinearbeiten wie das Erstellen von Bestellungen, das Abrufen von Angeboten oder das Nachverfolgen von Lieferungen automatisiert ablaufen. Diese Automatisierung spart nicht nur Zeit, sondern verringert auch das Fehlerrisiko. Zudem ermöglicht die Sprachsteuerung eine intuitive und natürliche Interaktion mit den Systemen, was die Arbeitsprozesse beschleunigt und die Produktivität steigert.

Eine intuitive Nutzung von Business-Software dank KI-Sprachsteuerung erhöht zudem die Benutzerfreundlichkeit und damit die Akzeptanz. Moderne Technologien sind so gestaltet, dass sie schnell und unkompliziert anwendbar sind. Auch die Schulung neuer Mitarbeiter wird so vereinfacht. Sprachgesteuerte Systeme sind oft selbsterklärend, was den Einarbeitungsprozess verkürzt. Das könnte insbesondere in Zeiten von Fachkräftemangel ein entscheidender Faktor sein.

„Es ist realistisch, dass uns die Sprachsteuerung von Business-Software im Einkauf innerhalb der nächsten zwei Jahre zur Verfügung stehen wird“, prognostiziert Heinrichs. In der Folge wird sich der Arbeitsalltag eines Einkäufers schrittweise grundlegend verändern und Interaktionen mit einer KI wie die oben beschriebene immer mehr zum Standard werden. Routineaufgaben werden effizienter, Fehler minimiert und Zeit gespart, wodurch Einkäufer sich strategischen Themen wie der Analyse von Beschaffungsmärkten oder dem Lieferanten- und Risikomanagement widmen können. „Unternehmen, die frühzeitig auf diese Technologien setzen, könnten sich entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern“, hebt der Experte abschließend hervor.

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