Preisschocks beim Energieeinkauf lassen sich durch eine Strukturierte Beschaffung vermeiden.

Lassen sich Preisschocks beim Energieeinkauf mithilfe von Strukturierter Beschaffung vermeiden? (Bild: peterschreiber.media - stock.adobe.com)

Mit der Liberalisierung der Energiemärkte wurden Alternativen zur damals obligatorischen Vollversorgung zur Energiebeschaffung eingeführt - andere Strategien traten aufs Tapet. Mit der strukturierten Beschaffung lässt sich der Energieeinkauf flexibler gestalten. Einkäufer können auf diese Weise von fallenden Preisen profitieren, indem sie die benötigte Gesamtenergiemenge in Teilmengen unterteilen und zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschaffen.

Es gibt jedoch einige Herausforderungen:

  • Einkäufer müssen den voraussichtlichen Energiebedarf ihres Unternehmens gut einschätzen können,
  • die Einkaufszeitpunkte müssen gut gewählt werden, daher brauchen Einkäufer ein sehr gutes Wissen über den Energiemarkt,
  • wichtig ist auch die Auswahl der richtigen Variante der strukturierten Beschaffung.

Denn: Es gibt es nicht die eine strukturierte Beschaffung, sondern unterschiedliche Gestaltungsmöglichkeiten. Diese drei Formen

  1. Fahrplanlieferung von Energie
  2. Bandlieferung von Energie
  3. Energiebeschaffung mit vertikalen Tranchen.

stellen wir vor und sagen, welche Vorteile und Nachteile sie besitzen und für wen sie jeweils geeignet sind.

Welche Strategien für die Energiebeschaffung gibt es?

Strukturierte Beschaffung mit Fahrplanlieferung

Bei der Fahrplanlieferung stellt der Versorger die benötigte Energie je nach Bedarf zur Verfügung. Ein Fahrplan ist also die monats-, tages- oder sogar stundengenaue Belieferung mit der bestellten Energie. Es gibt zwei Formen:

  1. Fahrplan mit konstanter Energiemenge zu jeder Zeit: Bandlieferung
  2. Fahrplan mit variabler Energiemenge zu unterschiedlichen Zeiten: vertikale Tranchen.

Grundlage der Fahrplanlieferung ist zum einen, dass Einkäufer den generellen Energiebedarf des Unternehmens sehr gut abschätzen können. Der sogenannte Lastgang, also wann wie viel Energie benötigt wird, muss bekannt sein. Je detaillierter dieser Lastgang ausgearbeitet ist, desto genauer können die benötigten Mengen beschafft werden. Auf dieser Basis entstehen dann Monats-, Tages- oder Stundenfahrpläne. Diese können gleichbleibend oder variabel sein.

Die Energielieferung anhand der Fahrplanlieferung benötigt also eine Prognose der jeweils benötigten Energiemengen pro Zeiteinheit. Diese Energiemenge wird dann anhand des jeweiligen Fahrplans zu einem festgelegten Preis vom Versorger geliefert.

Was ist der Unterschied zur Vollversorgung? Bei der Vollversorgung bleibt das Mengenrisiko beim Energielieferanten, dieser weiß nie genau, wann wieviel Energie benötigt wird, er muss also selbst für den Ausgleich sorgen. Dieses Management ist entsprechend teuer, daher liegt der Preis bei der Vollversorgung tendenziell über dem einer strukturierten Beschaffung mit einem festgelegten Fahrplan.

Der Nachteil: Abweichungen von der vereinbarten Liefermenge zu festgelegten Preisen sind in der Regel nur möglich, wenn dies separat vereinbart wird. Ansonsten wird der Mehrverbrauch zu Preisen am Spotmarkt abgerechnet - dieses Preisrisiko trägt der Einkauf zu 100 Prozent. Es kann aber mithilfe einer Toleranz- oder Restmengenstrategie abgefedert werden.

Strukturierte Energiebeschaffung mit Bandlieferung

Die Bandlieferung gehört ebenfalls zur strukturierten Beschaffung, ist aber eigentlich eine Variante der Fahrplanlieferung. Dabei wird die Energie in einem definierten Zeitraum in einer konstanten Menge geliefert, unabhängig davon, wie hoch der Bedarf zu dem Zeitpunkt ist. Das bedeutet: In jeder Stunde steht exakt dieselbe Menge Energie zur Verfügung. Es handelt sich hier also um die Beschaffung der Energiegrundlast.

Bei einem Jahresband wird eine bestimmte Menge Energie bestellt und an 365 Tagen jeweils mit einer konstanten Menge geliefert. Ein Quartalsband liefert eine pro Quartal festgelegte Energiemenge, die gleichmäßig auf die drei Monate verteilt wird. Pro Quartal kann es sich durchaus um eine andere Energiemenge handeln. Ein sogenanntes Monatsband liefert pro Monat eine vordefinierte Energiemenge, die tages- oder sogar stundengenau geliefert wird. Wird beispielsweise in jeder Stunde eines Tages eine Leistung von fünf MWh bereitgestellt, spricht man von einem 15-MWh-Tagesband.

In der Regel bezieht sich die Bandlieferung auf Strom, daher heißt der gelieferte Strom auch Bandstrom. Auch beim Erdgas gibt es Bandlieferungen, meist beschafft von großen Industriebetrieben mit wenig volatilem Erdgasbedarf. Da dieser Bandstrom unabhängig vom tatsächlichen Verbrauch geliefert wird, eignet er sich am besten für eine langfristige Basisversorgung, also zur Deckung eines Teilbedarfs. Er muss zwingend ergänzt werden durch den Anteil, der variabel ist, etwa durch eine Rest- bzw. Toleranzmengenlieferung.

Vorteile der Bandlieferung von Energie

Da es eine im Vorfeld definierte, feste Liefermenge gibt, entfällt für den Versorger das Mengenrisiko, entsprechend günstig ist Bandstrom - in der Regel niedriger als eine Vollversorgung. Bandstrom lässt sich über einen Versorger beziehen, aber auch vom Einkäufer selbst an der Strombörse oder im OTC-Handel beschaffen - als Termingeschäft.

Nachteile der Bandlieferung von Energie

Übertrifft der tatsächliche Strombedarf die Lieferungen, muss am Spotmarkt Spitzenlaststrom nachbeschafft werden. Dieser ist in der Regel teurer als der Bandstrom. Benötigt das Unternehmen aus unvorhersehbaren Gründen weniger Strom, muss es den Bandstrom trotzdem bezahlen. Ein Energiemonitoring ist hier empfehlenswert, um den minimalen konstanten Stromverbrauch herauszufinden, um Bandstrom als effizienten Beschaffungsbaustein zu nutzen.

Für wen ist die Bandlieferung geeignet?

Unternehmen mit einer konstanten Grundlast an Energie decken diese mit der Bandlieferung sehr günstig. Unternehmen mit einem schwankenden Bedarf können trotzdem profitieren, indem sie jene Strommenge bestimmen, die immer benötigt wird (Grundlast) und diese per Bandlieferung beschaffen. Für den variablen Rest ist eine separate Strategie vonnöten.

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Strommast von unten
(Bild: Pixabay)

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Strukturierte Beschaffung mit vertikalen Tranchen

Während die Bandlieferung die Grundlast deckt, versuchen Einkäufer mit vertikalen Tranchen den gesamten Energiebedarf mit zeitlich angepassten Energielieferungen abzudecken. Daher ergänzt das vertikale Tranchenmodell eine Grundlastdeckung durch Bandlieferung, indem sie den darüberhinausgehenden Bedarf deckt.

Wie funktioniert das vertikale Tranchenmodell? Bei dieser Energiebeschaffungsstrategie wird der insgesamt benötigte Strom oder das Erdgas in unterschiedlich hohe Mengentranchen aufgeteilt, diese werden zu unterschiedlichen Zeitpunkten beschafft, beispielsweise Monatstranchen. Auf diese Weise können Einkäufer saisonale Schwankungen im Energiebedarf abfangen und es lassen sich Preisänderungen an der Energiebörse nutzen.

Im Gegensatz dazu stehen horizontale Tranchen, bei denen der Gesamtbedarf zwar auch in Tranchen aufgeteilt wird, die jeweilige Liefermenge über die gesamte Zeit aber immer konstant bleibt. Horizontale und vertikale Tranchen lassen sich auch kombinieren.

Der Preis im vertikalen Tranchenmodell bildet sich nach erfolgter Beschaffung (im Jahr, Quartal oder Monat) anhand einer zuvor vereinbarten Formel.

Vorteile der Energiebeschaffung mit vertikalen Tranchen

Die Energielieferungen können dem Bedarf gut angepasst werden, sodass teure Mehr- oder Minderlieferungen weitgehend vermieden werden.

Da unterschiedliche Energiemengen zu verschiedenen Zeitpunkten beschafft werden, liegt der Preis näher am Börsenpreis. Die Strategie ist daher deutlich flexibler als ein Festpreismodell.

Nachteile der Energiebeschaffung mit vertikalen Tranchen

In Zeiten explodierender Energiepreise wird der Preisvorteil schnell zum Nachteil. Die Einkaufsabteilung muss zudem über sehr dezidierte Bedarfs- bzw. Verbrauchsdaten verfügen, um die Lieferungen dem Bedarf anzupassen. Zudem benötigen Einkäufer – speziell bei der Kombination von Tranchenmodellen – energiewirtschaftliches Wissen.

Erfolgt die Tranchenbeschaffung automatisiert, wird im Voraus ein Preislimit festgesetzt, sodass auch Unternehmen ohne spezielle Energiebeschaffungsexpertise diese Strategie nutzen können.

Für wen ist die Tranchenbeschaffung geeignet?

Meist bieten Versorger dieses Modell erst ab einer bestimmten Energiemenge an, sodass kleine und mittelgroße Unternehmen es nicht nutzen können. Fehlende Energiebeschaffungskenntnisse lassen sich durch eine automatisierte Tranchenbeschaffung ersetzen.

Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

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