Mann füllt flüssiges Metall ab

Neben Gas, Kohle und Öl kommen noch andere Rohstoffe aus Russland in die EU und nach Deutschland. Welche könnten knapp werden? (Bild: z1b - stock.adobe.com)

Russland ist eines der rohstoffreichsten Länder der Welt und verkauft diese auch fleißig in alle Welt. Zumindest galt das bis zum 24. Februar 2022. Mit dem Einmarsch in die Ukraine verhängten zahlreiche Länder weitreichende Sanktionen gegen Putins Reich.

Unter anderem schlossen die EU, die USA, Kanada, Japan und Großbritannien die größten russischen Banken vom Zahlungsverkehrssystem Swift aus. Jene Länder, die stark von Rohstoffimporten aus Russland abhängig sind, taten und tun sich schwer mit der Maßnahme. Sie befürchteten, dass die Lieferungen – etwa von Energierohstoffen wie Gas, Kohle oder Öl – ausbleiben würden, wenn sie nicht mehr bezahlt werden könnten. Daher sind Energielieferungen bislang ausdrücklich ausgenommen von den Swift-Sanktionen.

Vor allem von Erdgas, Öl und Kohle ist die Rede. Doch daneben gibt es noch andere Rohstoffe, die Russland in die EU liefert. Wir geben einen Überblick über die Materialien, die künftig knapp und teuer werden könnten.

Aluminium

Russland ist einer der größten Aluminiumproduzenten weltweit. Mit Rusal sitzt der drittgrößte Aluminiumhersteller im Land. Nach China (56 Prozent der Weltproduktion von raffiniertem Aluminium in 2019) liegt Russland mit sechs Prozent an zweiter Stelle der größten Herstellerländer. 4,643 Milliarden US-Dollar spülte der Alu-Export in die Kassen Putins.

Insgesamt produzierten die Unternehmen im Jahr 2019 weltweit 98,655 Millionen Tonnen des Leichtmetalls. Die EU beschafft immerhin 17 Prozent ihres Aluminiumbedarfs aus Russland. Allerdings kommen auch zehn Prozent aus Deutschland und weitere neun Prozent aus Mosambique.

Verwendungszwecke sind vor allem jedwede Art von Mobilität, beim Bau und in der Verpackung. Seit Beginn des Kriegs um die Ukraine stieg der Preis für Aluminium rasant an.

Nickel

Nickel ist vor allem für die Energiewende ein gefragter Rohstoff. Der größte Produzent von Nickelmetall kommt aus Russland: Nornickel. Durch die Sanktionen fürchten (nicht nur) Autobauer rund um den Globus Lieferengpässe des Materials. Entsprechend teuer ist Nickel seit Beginn des Kriegs geworden. Aber auch schon davor stieg der Nickelpreis kurz nach dem Beginn der Corona-Pandemie steil an. Ein Ende ist nicht in Sicht.

Anfang März 2022 schoss der Preis für eine Tonne Nickel sogar von etwa 25.000 auf 100.000 US-Dollar. Grund dafür war jedoch nicht ausschließlich der Ukraine-Krieg. Nickelhändler hatten auf fallende Preise gesetzt, um eventuelle Wertverluste von physischen Beständen abzusichern. Diese sogenannten Short-Positionen werden häufig längere Zeit im Voraus abgeschlossen. Dieses Mal hatten sich die Händler verzockt und sie mussten sich zu einem höheren Preis eindecken als geplant. Der rapide Preisansteieg war also zum großen Teil spekulativ bedingt. Die Londoner Metallbörse setzte den Handel mit Nickel zeitweise aus, mittlerweile liegt der Preis wieder niedriger.

Unterschieden wird zwischen Primärnickel und raffiniertem, also verarbeitetem, Nickel. Russland mischt in beiden Sektoren mit und exportiert sowohl Erze als auch Raffinadeprodukte.

Insgesamt stellten die Unternehmen weltweit etwa 2,4 Millionen Tonnen Raffinadeprodukte aus Nickel her. An Primärnickel kamen 2,7 illionen Tonnen zusammen. Der größte Produzent beider Formen in der EU ist übrigens Finnland. Daher steht Finnland auch weit oben auf der Liste der Beschaffungsländer der Europäischen Union. Primärnickel kaufen die 27 Länder vorwiegend aus Südafrika (28%), Griechenland (20%) und Finnland (18%). Hier besteht also keine große Abhängigkeit von Russland.

Anders sieht es bei Raffinadenickel aus. Hier steht Russland an erster Stelle der Beschaffungsländer. Etwas mehr als ein Viertel des raffinierten Nickels kommt aus Russland. Finnland (14%) und Großbritannien (10%) folgen mit Abstand.

Verwendet wird Nickel zum überwiegenden Teil bei der Stahlherstellung. Im Zuge der Elektrifizierung der Mobilität steigt der Anteil, der für Batterien benötigt wird. Aber auch für Legierungen und Überzüge.

Palladium

Palladium gehört zu den Platingruppenmetallen, sie zählen zu den kritischen Rohstoffen in der EU. Diese Kritikalität hat sich mit dem Krieg um die Ukraine verschärft. Denn ein Großteil des produzierten Palladiums kommt aus Russland. Die südafrikanischen Hersteller haben bereits verlauten lassen, dass sie einen etwaigen Ausfall, der von Sanktionen herrührt, nicht auffangen können. Sie weiteten ihre Produktion 2021 zwar aus, Russland spielt aber nach wie vor eine wichtige Rolle auf dem Markt.

Wie bei Nickel war auch bei Palladium der russische Konzern Nornickel im Jahr 2018 der größte Produzent weltweit. Das sind die aktuellsten Daten. Neben den "Großen" gibt es jedoch viele kleinere und international eher unbekannte Bergbauunternehmen aus Südafrika und Simbabwe. Die größten Palladiumreserven rechnet die EU Russland zu.

Nach Angaben der US Geological Survey ist die Palladiumproduktion 2021 um fast zehn Prozent geschrumpft. Sie sank von 217 auf 200 Tonnen. Während Südafrika seine Produktion ausweiten konnte, sank die Bergbautätigkeit in Russland. Waren es 2020 von satte 93 Tonnen, die vor allem Nornickel aus dem Boden holte, kamen 2021 noch 74 Tonnen zusammen. Damit fällt Russland vom ersten auf den zweiten Platz der wichtigsten Produktionsländer. Auch Simbabwe hat seine Produktion leicht ausgeweitet, bleibt aber das fünftgrößte Produktionsland.

Palladium geht überwiegend in die Automobilindustrie und wird dort für Katalysatoren verwendet. Da die Branche 2021 unter starken Lieferengpässen litt und weniger Autos verkauft wurden, sank zunächst die Nachfrage und mit ihr der Preis. Eine solche Korrektur hielten viele Rohstoffexperten jedoch für überfällig.

Pottasche

Pottasche ist eigentlich eine traditionelle Backzutat im Weihnachtsgebäck. Es wird als Triebmittel für Teige genutzt. In dieser Form ist es unter der Bezeichnung Kaliumcarbonat geläufig. In der Industrie bezeichnet Pottasche jedoch unterschiedliche Kaliumsalze, etwa auch Kaliumchlorid. Weltweit wurden 2019 davon etwa 41,7 Millionen Tonnen abgebaut.

In der EU wird Pottasche zu 92 Prozent für die Herstellung von Düngemitteln verwendet. Andere Nutzungsmöglichkeiten - außer zum Backen - sind die Glasproduktion oder auch die Herstellung von Schmierseife, aber auch als umweltfreundliche Alternative zum Streusalz im Winter.

Obwohl Russland und Belarus einen nennenswerten Anteil an der Förderung und an den weltweiten Exporten haben, ist das für die EU nicht ganz so relevant. Für die EU liefert Deutschland den größten Anteil von Pottasche (57%), gefolgt von Spanien (12%) und dann erst Russland (11%). Die Versorgungssituation stellt sich also als nicht so kritisch dar, auch, wenn Russland neben Kanada die größten Reserven besitzt.

Vanadium

Vanadium zählt zu den kritischen Rohstoffen der EU. 2019 förderten die Bergbauunternehmen weltweit rund 81.000 Tonnen. 102 Tonnen waren es bei raffiniertem Vanadium. Das Material dient vor allem zur Herstellung von hochfesten niedriglegiertem Stahl, dem sogenannten HSLA-Stahl. Aber auch für andere Spezialstähle und Superlegierungen ist Vanadium ein wichtiger Zusatzstoff.

Die EU bezieht ihr raffiniertes Vanadium größtenteils aus Österreich (52%). Gleich danach steht allerdings Russland auf der Liste der Beschaffungsländer mit 32 Prozent.

Portrait Dörte Neitzel Redakteurin Technik+Einkauf
(Bild: mi connect)

Die Autorin: Dörte Neitzel

Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.

Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.

Cer, Cerium

Ein weiterer Rohstoff, den die EU vorwiegend aus Russland beschafft, ist Cer - auch Zer oder Cerium genannt. Der Stoff zählt zu den Lanthanoiden, und damit zu den Metallen der (leichten) Seltenen Erden. Seit 2020 zählt Cer zu den kritischen Rohstoffen in der EU. Rund 71.000 Tonnen Cer-Oxid wurden 2019 weltweit gefördert.

Den Primärrohstoff kauft die EU vorwiegend in Russland ein (64 Prozent), gefolgt von China (26 Prozent). Beim raffinierten Produkt hat China mit 99 Prozent quasi ein Monopol.

Verwendung findet Cer in Autokatalysatoren und bei der Glasherstellung. Auch für Poliermittel und Metalllegierungen ist es geeignet. Wird das Metall fein in der Luft verteilt, kann es sich ohne Energiezufuhr erhitzen und entzünden. Daher wird es gerne an Filmsets genutzt, um zum Beispiel spektakuläre Unfallszenen mit Funkenregen zu untermalen.

Kritische Rohstoffe: Der große Überblick

Salzsee Salar de Uyuni -
Salar de Uyuni (Bild: Gerd Mischler)

Sie wollen alles zum Thema kritische Rohstoffe wissen? In unserem großen Überblick erfahren Sie, welche es gibt, warum sie kritisch sind und welche Industriebranchen sie einsetzen - und bei einem Mangel am stärksten betroffen sind. Plus: Rohstoff-Steckbriefe und ein aktueller Rohstoff-Ticker.

Hier kommen Sie zum großen Überblick "Kritische Rohstoffe"

Sie möchten gerne weiterlesen?