
Immer mehr Rohstoffe werden als kritisch eingestuft. Was unternimmt die EU? (Bild: tina7si - stock.adobe.com)
Die Europäische Kommission hat die Liste kritischer Rohstoffe verlängert. Sie ist ein Gradmesser für das Versorgungsrisiko der europäischen Wirtschaft. Es ist die bereits fünfte aktualisierte Auflage. Die letzte Fassung stammte aus dem Jahr 2020.
Kritische Rohstoffe 2023: Liste der EU bekommt vier neue Mitglieder
Die Liste der kritischen Rohstoffe wächst 2023 um vier Rohstoffe. Neu hinzu kommen:
- Feldspat
- Helium
- Kupfer
- Mangan
- Nickel
Darüber hinaus hat die EU eine Liste strategischer Rohstoffe veröffentlicht.
EU-Liste strategischer Rohstoffe 2023
Dabei handelt es sich essentielle Rohstoffe für Technologien, die für Europas grüne und digitale Ambitionen sowie für Verteidigungs- und Raumfahrtanwendungen wichtig sind, und für die potenzielle Versorgungsrisiken bestehen. Die Verordnung verankert sowohl die Liste der kritischen als auch der strategischen Rohstoffe im EU-Recht.
- Bor (Metall)
- Gallium
- Germanium
- Kobalt
- Kupfer
- Lithium (Batteriequalität)
- Mangan (Metall)
- Natürlicher Graphit (Batteriequalität)
- Nickel (Batteriequalität)
- Platingruppenmetalle
- Seltene Erden
- Silizium (Metall)
- Titan (Metall)
- Wismut
- Wolfram
Die Liste überschneidet sich teilweise mit der der kritischen Rohstoffe 2023, ist aber vor allem auf strategische Sektoren und Technologien sowie das Angebot und die Nachfrage 2023 ausgerichtet. Sie orientiert sich an potenziellen bzw. erwarteten Produktionsmengen und -ländern.
Das waren die vier neuen kritischen Rohstoffe 2020
Die erste Liste von kritischen Rohstoffen aus dem Jahr 2011 umfasste noch 14 Einträge. Sie wurde seitdem alle drei Jahre überarbeitet und der jeweils aktuellen Marktsituation neu angepasst. Die Liste 2020 beinhaltete 30 Rohstoffe, bzw. 31, wenn man schwere und leichte Seltene Erden getrennt betrachtet. Neu hinzu kamen damals: Lithium, Bauxit, Strontium und Titan.
Zusätzlich zur neuen Rohstoffliste wurde ein Aktionsplan für kritische Rohstoffe vorgestellt. Dieser Plan enthält zehn Maßnahmen. Er zielt unter anderem darauf ab, die Abhängigkeiten von Rohstoffimporten zu verringern und die inländische Beschaffung zu stärken. So soll eine widerstandsfähige Wertschöpfungskette entstehen.
Als erste Aktion wurde eine von der Industrie geleitete Europäische Rohstoffallianz gegründet. Ihr erstes Ziel: Die Wertschöpfungsketten von Seltenen Erden und Magneten strategisch autonomer zu machen. Das Vorgehen soll anschließend auf andere Rohstoffe ausgeweitet werden.
Liste: Kritische Rohstoffe 2023
- Antimon
- Baryt
- Bauxit
- Beryllium
- Borat
- Feldspat
- Flussspat
- Gallium
- Germanium
- Hafnium
- Helium
- Indidum
- Kobalt
- Kokskohle
- Kupfer
- Leichte Seltene Erden
- Lithium
- Magnesium
- Mangan
- Naturkautschuk
- Natürlicher Graphit
- Nickel
- Niob
- Phosphorit
- Phospor
- Platingruppenmetalle (PGM, also Platin, Palladium, Rhodium, Ruthenium, Osmium, Iridium)
- Scandium
- Schwere Seltene Erden
- Siliziummetall
- Strontium
- Tantal
- Titan
- Vanadium
- Wismut
- Wolfram
Kupfer ist jetzt auch ein kritischer Rohstoff
Neu auf der Liste der kritischen Rohstoffe ist Kupfer. Der Rohstoff ist für den Übergang ins elektromobile Zeitalter dringend notwendig.
In ihrem Gesetz über kritische Rohstoffe ging die EU Kommission über die klassischen Seltenen Erden und Scandium hinaus und nahm auch andere Metalle in den Fokus, die für den grünen Übergang benötigt werden. So brauchen Hersteller für eine 3-Megawatt-Windturbine 335 Tonnen Stahl, 4,7 Tonnen Kupfer, 1.200 Tonnen Beton, 3 Tonnen Aluminium, 2 Tonnen Seltene Erden sowie Zink.
Was sind kritische Rohstoffe?
Die kritischen Rohstoffe, auf Englisch Critical Raw Materials (CRM), stehen auf einer Liste der Europäischen Kommission. Dabei handelt es sich um Materialien, die weltweit sehr knapp sind. Ihre Verfügbarkeit nimmt stark ab, da die Nachfrage der Industrie weltweit rasant zunimmt. Das ist zum einen vielen (neuen und alten) Technologien geschuldet, aber auch politischen und geografischen Gegebenheiten oder Konflikten.
Die EU-Kommission aktualisiert die Liste der kritischen Rohstoffe alle drei Jahre. 2011 befanden sich auf ihr noch 14 Materialien, mittlerweile zählt sie 30 Rohstoffe. Denn: Zumeist sind die kritischen Rohstoffe in Geräten oder Anlagen nicht substituierbar.
Corona legt Schwachstellen in Lieferketten offen
Die Corona-Pandemie hat gezeigt, wo die Achillesferse der internationalen Lieferketten zu finden ist: in der Abhängigkeit von Importen aus Nicht-EU-Drittländern. Der EU-Aktionsplan will die Supply Chains mit einigen Maßnahmen widerstandsfähiger machen.
So soll die Rohstoffbeschaffung nachhaltiger und sozial verantwortlicher werden. Zudem soll der Einkauf von kritischen Rohstoffen diversifiziert werden. Auch das Kreislaufprinzip soll eine höhere Stellung erhalten.
So sollen neben der Versorgung aus Drittländern eigene Kapazitäten aufgebaut werden - in Förderung, Verarbeitung, Recycling, Raffinierung und Trennung Seltener Erden. Das bedeutet mehr strategische Autonomie.
Insgesamt sollen die Maßnahmen den Übergang zu einer digitalen und grünen Wirtschaft sicherstellen. Im Einzelnen sehen sie so aus:
- Gründung der Industrie-getriebenen Europäischen Rohstoff-Allianz ERMA. Diese untersucht zunächst die Wertschöpfungskette Seltener Erden, später auch anderer Rohstoffe.
- Entwicklung von nachhaltigen Finanzierungskriterien für den Bergbausektor und mineraliengewinnene Sektoren.
- Vorantreiben der Forschung an neuen Materialien und der Substituierbarkeit von kritischen Rohstoffen.
- Erfassung potenzieller Lieferanten möglicher kritischer Sekundärrohstoffe in Europa und entsprechende Projekte anstoßen.
- Priorisierte Bergbau-Projekte und verarbeitende Projekte in der EU identifizieren.
- Eigene Bergbau-Expertise in der EU aufbauen.
- Erdbeobachtungsprogramme nutzen, um mögliche Rohstoffvorkommen zu identifizieren.
- Den Umweltschaden bei der Produktion von Rohstoffen so gering wie möglich halten.
- Strategische Partnerschaften schließen, um die Beschaffung von nachhaltigen Rohstoffen zu sichern. Start soll ein Pilotprojekt in Kanada sein.
- Der Bergbau kritischer Rohstoffe soll verantwortungsvoller werden.

Die Autorin: Dörte Neitzel
Dörte Neitzel ist Wissens- und Infografik-Junkie vom Dienst. Dinge und Zusammenhänge zu erklären ist ihr Ding, daher beschreibt sie sich selbst auch gern als Erklärbärin mit Hang zur Wirtschaft – was einem lange zurückliegenden VWL-Studium geschuldet ist. Nach einigen Stationen im Fachjournalismus lebt sie dieses Faible bevorzugt auf der Webseite der TECHNIK+EINKAUF aus und taucht besonders gern ab in die Themen Rohstoffe und erneuerbare Energien.
Privat ist Südfrankreich für sie zur zweiten Heimat geworden, alternativ ist sie in der heimischen Werkstatt beim Schleifen, Ölen und Malern alter Möbel zu finden oder in südbayerischen Berg-und-See-Gefilden mit Hund im Gepäck unterwegs.
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